Kali Werra Tiefenort – 09. August 2020

BSG Kali Werra Tiefenort – Stadion im Kaffeetälchen. Reinste Poesie. Wir starten mit viel Vorfreude und – ja – mit viel positiven Erwartungen. Wenn dann alle Erwartungen weit übertroffen werden, darf man den Ausflug wohl als äußerst gelungen bezeichnen:-).

Es beginnt mit diesen schönen Zufällen: als Robin und ich uns lose abstimmen über live-Fußballmöglichkeiten am Samstag stolpern wir zufällig auch darüber, dass wir beide noch nicht in Tiefenort waren, lustigerweise hatten wir das jeweils anders angenommen. Flugs wird natürlich der Sonntag mit Tiefenort verplant, Andreas muss auch nicht lange überzeugt werden und so geht es zu dritt ins beschauliche thüringische Tiefenort.

Natürlich mit etlichen Geschichten an Bord, in Coronazeiten sind die regelmäßigen Treffen etwas rarer geworden, wir haben viel zu erzählen. Die Geschichte des Tages indes wartet noch auf uns. Und was für eine große Geschichte es wird – die eines äußerst sympathischen Vereines mit einem überaus liebenswerten Stadion. Der Verein als Gesamtkunstwerk, als lebendiger Verein. „Wir machen hier vielleicht keine Weltmeister – aber es ist besser, als wenn die Kids PlayStation spielen.“ Satz des Tages, Motto des Tages, Anspruch des lebendigen Vereins.

Die Begrüßung ist überaus herzlich, fast schwingt ein wenig Erstaunen mit, dass hier Freunde des runden Leders aus Braunschweig anreisen. Auch paar Dortmunder sind da. Auf jeden Fall ist die Freude über unseren Besuch riesig, selten habe ich mich bei einem Fußballverein so willkommen gefühlt.

Heiko Adler, ein ehemaliger Spieler (siehe unten Titelbild der fuwo vom 16. Februar 1988) , führt uns im Stadion herum und erzählt Geschichten vom Verein – aus einer Zeit, in der sich hier auch knapp 10.000 Zuschauer gedrängt haben. Mit kurzen Unterbrechungen ist Kali Werra Stammgast in der DDR-Liga, der zweithöchsten Spielklasse der DDR. Kali Werra ist mit 20 Liga-Spielzeiten in bester Gesellschaft – auf ähnlich viele Spielzeiten kommen Motor Babelsberg, Chemie Böhlen oder Lok Stendal. Aber auch Energie Cottbus. Platz 25 in der ewigen Tabelle, und die verzeichnet immerhin 200 Vereine.

Trägerbetrieb waren die Kaliwerke der Kaliregion Werra, das machte es vor 1990, als die Spieler im Trägerbetrieb angestellt waren und der Verein finanziell gestützt wurde, natürlich deutlich einfacher. Heute gibt es diese Trägerschaft nicht mehr, aus der BSG wurde die KSV, es gibt viele kleinere Sponsoren. Heuer spielt die KSV aus dem 4.000-Seelen-Städtchen in der Kreisliga Thüringen.

Der Verein wird 1913 gegründet, zunächst als FC Adler. Fußballbegeisterung seit über 100 Jahren. Schon früh wird im kleinen Kaffeetälchen gespielt, der Weg zu einem befestigten Platz ist allerdings noch weit. Endgültiger Ausbau und Einweihung 1926. In den 60er Jahren – die Mitgliederzahlen sind stark gestiegen – muss dringend erweitert und modernisiert werden. Umkleidekabinen entstehen, später ein Sozialtrakt. Viel wichtiger aber ist – endlich entstehen der Rasenplatz und die markanten Zuschauerränge. Im Kaffeetälchen entsteht ein absoluter Hingucker. Das Herzstück und ganzer Stolz des Vereins. 8.000 Zuschauer zu Ligazeiten sind keine Seltenheit.

8.000 werden heute nicht mehr ganz hineinpassen, aber das ist egal, das Stadion ist ein gepflegtes, hübsches und liebenswertes Schmuckkästchen und nicht nur am gepflegten Vereinsheim und der kürzlich gepflasterten Terrasse lässt sich ein intakter und lebendiger Verein erkennen. Sehr sympathisch – ein Rundum-Wohlfühlpaket.

Das Testspiel gegen die TSG Lütter 1922 geht nach ausgeglichener ersten Halbzeit (2:2) dann doch recht deutlich mit 2:9 verloren, aber auch das ist egal, denn heute zählt definitiv nicht das Spiel. Der Verein und das Stadion zählen und der großartige Eindruck, auf eine äußerst herzliche, fast schon familiäre Weise willkommen gewesen zu sein.

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