Rocky, Basti, Henning – Iran vs. Deutschland : 09.10.2004

Hier sind die Berichte von Rocky, Basti und Henning von 2004. Die Texte der Berichte ließen sich rekonstruieren, die Quellen habe ich hinterlegt, danke Rocky für den großartigen Tipp. Die Bilder indes sind unter web.archive nicht gespeichert. Ich hab daher paar Bilder aus meinem Iran-Archiv hinzugefügt:-)

Rocky

Iran – Deutschland 09.10.2004 – Benefizspiel in Teheran (Azadi Stadion) (www.loewenbande.com)

Am Freitag Morgen traf man sich am Braunschweiger Hauptbahnhof, um die Reise in den Irananzutreten. Zur Reisegruppe gehörten Basti, Henning, Uni, Matze, MiWo und Wölfchen. Kurz vor neun rollte unser ICE aus dem Bahnhof. Auf der gut dreistündigen Fahrt nach Frankfurt nervten einige Zeitgenossen aus unseren neuen Bundesländern, die sich angeregt über ihren anstehenden Sexurlaub in Bangkok unterhielten – echt peinlich diese Typen. Fast pünktlich erreichten wir die Mainmetropole und fuhren per S-Bahn zum Flughafen. Hier erwartete uns schon Yannik. Nachdem wir unsere Pässe, samt Visa erhalten hatten, belagerten wir für zwei Bierlängen die Flughafenbar, sollte dies doch der letzte Alkoholgenuss für die nächsten beiden Tage sein. Da die Dame von Iran Air meinte, das die Kontrollen länger als sonst üblich dauern würden, begab man sich gut eine Stunde vor dem Abflug zum einchecken. Doch zu unserer Überraschung wurde relativ dürftig kontrolliert, so das wir recht früh im Fliegersaßen. Zu allem Überfluss hob unser Flieger mit rund 40 Minuten Verspätung ab, da der Luftraum über Frankfurt dicht war. Nach knapp fünf Stunden Flugzeit landeten wir in Teheran auf dem Flughafen Mehrabad. Nachdem man die Einreiseformalitäten hinter sich gebracht hatte, wurde erst einmal Geld gewechselt, 30 Euro sollten massig ausreichen – übrigens war man nun stolzer Besitzer von 330.000 Rial. Per Bus wurden wir, nachdem sich alle zusammengefunden hatten, zu unserem Hotel gekarrt. Die nächsten beiden Nächte teilte ich mir mit Wölfchen ein Zimmer, welches spartanisch (aber durchaus ausreichend) eingerichtet war. Kurz nach Mitternacht (Zeitverschiebung +1,5Stunden) erkundete man mit dem Rest der Gruppe die Gegend rund um unser Hotel. Leider hatte allerdings nichts mehr geöffnet, so das man hungrig und durstig wieder zum Hotel zurück kam. In der Lobby gönnte man sich diverse alkoholfreie Biere, die verschiedene Geschmacksrichtungen wie z.B. Apfel oder Zitrone hatten. Gegen halb drei legte man sich für ein paar Stunden ab.

Um sieben Uhr traf man sich zum gemeinschaftlichen Frühstück, welches aus Tee, Brot und Marmelade bestand. Nach diesem fürstlichen Mahl machten wir uns zu Fuß auf den Weg zum Basar, der gut einen Kilometer entfernt gelegen sein sollte. Leider marschierte man genau in die entgegengesetzte Richtung, so dass wir später auf Taxen umstiegen. Nun stürzte man sich ins Getümmel des Basars. Entgegen voriger Erwartungen, wurde man nicht an jeder Ecke von irgendwelchen Verkäufern bedrängt. Ganz im Gegenteil, die Leute schauten neugierig hinter uns her. Hier konnte man fast alles käuflich erwerben, man selber beschränkte sich aber auf den Einkauf von Tee.

Nachdem man den Ausgang wiedergefunden hatte, fuhren wir per Taxi zum Azadi-Momument. Azadi heißt übersetzt Freiheit. Dieser Turm ragt in weißer Farbe und gigantischen Dimensionen wie das Tor zum modernen Iran am Azadi-Platz empor. Die Architekten, inspiriert von der Antike, haben diesen Turm 1971 in einem modernen Stil gebaut.

Nachdem der kulturelle Teil erst einmal abgehakt worden war, beschloss man gemeinsam schon einmal zum Stadion zu fahren um einige Fotos zu schießen. Für die rund 5 Kilometer lange Fahrt wählte man dieses Mal ein Sammeltaxi, welches nach unserem Einstieg zu einer waren Pixi-Foto-Kabine zu mutieren schien. Jeder der einheimischen Insassen wollte ein Foto mit den Gästen aus Deutschland haben – sehr amüsant. Da der Fahrer noch eine Ehrenrunde über den Busbahnhof drehte, der im übrigen von den Dimensionen mit keinem Busbahnhof bei uns zu vergleichen wäre, dauerte die Fahrt dann doch ein wenig länger als geplant. Am Stadion angekommen, staunte man nicht schlecht was hier schon los war. Auch hier wurden wieder die schon obligatorischen Bilder mit den Einheimischen gemacht. Um Bilder vom Inneren machen zu können, kauften wir uns jeder ein Ticket (Preis 1 Euro !!!) und sogleich hatte man einen jungen Iraner am Rockzipfel. Da dieser Bursche zu keiner Zeit mehr von uns weichenwollte, verließ man das Stadion nach nur ein paar Bildern wieder. Obwohl noch gut sieben Stunden bis zum Anpfiff Zeit waren, hatten sich schon rund 15.000 Menschen im weiten Rund versammelt – der reine Wahnsinn.

Nach diesen ersten imposanten Eindrücken fuhren wir wieder per Sammeltaxi zum Azadi-Monument, von hier aus lief man ein wenig die Straße entlang bis wir in einem Restaurant einkehrten. Einer der Angestellten sprach zu unserem Glück recht gut deutsch und so war auch das Bestellen der Speisen und Getränke kein Problem mehr. Für rund 3,50 Euro hatten wir uns den Wanst vollgeschlagen, ehe es via Taxi zum Ausgabeort unserer Eintrittskarten gehen sollte. Leiderkannten unsere Kutscher nicht wirklich den Weg und so landeten wir irgendwann vor der Deutschen Botschaft, auch toll aber nicht ganz unser Ziel gewesen. Nach einer weiteren Irrfahrt fanden die drei Fahrer dann doch noch das vom DFB angegebene Hotel wo die Ausgabe erfolgen sollte. Nachdem man seine Tickets in Empfang genommen hatte, teilte man sich auf um auf die Suche nach Postkarten zu gehen. In ganz Teheran hatte man bisher vergeblich nach ebensolchen Postkarten gesucht. Wir wurden dann auch noch fündig und kauften einen ganzen Batzen Karten. Wieder am Hotel angekommen, waren nur noch Basti und Wölfchen vor Ort. Per Taxi (wir waren nun zu fünft in dieser kleinen Karre !) fuhren wir zu unserer Unterkunft zurück. Wie ihr sicherlich schon gemerkt habt, ist Taxifahren in Teheran spottbillig. Um 16:30 Uhr fuhren wir dann gemeinsam mit unserem Reisebus zum Stadion, zum Anpfiff waren es nun noch drei Stunden Zeit. Dieses Mal fuhren wir auf die andere Stadionseite, wo die sich die Haupttribüne befindet. Unser Bus fuhr bis hinter die Tribüne, wo schon mehrere Busse von der Deutschen Schule in Teheran und von Botschaftsangehörigen standen. Als Gast wurde man weder abgetastet, noch musste man seine Eintrittskarte vorzeigen – warum nicht immer so? Beim Betreten des Stadions herrschte eine phänomenale Stimmung im weiten Rund und mir lief es eiskalt den Rücken herunter, einfach unbeschreiblich. Den Höhepunkt erreichte man als das Flutlicht ausgeschaltet wurde und eine Lasershow irgendwelche, für uns nicht lesbare, Texte auf den Rasen zauberte. Begleitet wurde diese Show von hämmernden Bässen. Jetzt war es fast so weit. Vor dem Abspielen beider Hymnen wurde noch ein Video von der Erdbebenkatastrophe in Bam vor gut einem dreiviertel Jahr auf der Videoleinwand gezeigt. Von nun an war die Stimmung ein wenig gedrückt. Schwappte vor ein paar Minuten noch eine Laola-Welle nach der anderen durchs weite Rund, oder jagte ein Sprechgesang den anderen, war es nun ein wenig ruhiger geworden. Nun aber zum Spiel.

Die DFB-Elf ging schon nach fünf Minuten durch einen Treffer von Fabian Ernst mit 1:0 in Führung. Die Gastgeberwaren erst einmal geschockt, auch die vorher so euphorischen Anhänger ihres Teams waren verstummt, leider, hatte man doch auf eine hitzige Stimmung gehofft. Die deutschen Spieler spulten ihr Pensum locker ab, dennoch kam der Iran zu der einen oder anderen Chance, verpasste es allerdings zum Ausgleich zu kommen. So ging es mit 1:0 in die Kabinen. Nach der Pause das gleiche Bild. Der Iran spielte munter mit, doch auch das zweite Tor schossen die Deutschen, Torschütze war irgend so ein Stürmer aus unserer Nachbarstadt. Nun begann das große Wechseln auf beiden Seiten und der Spielfluß war dahin. Gut eine Viertelstunde vor Ende der Partie verließen die Einheimischen in Scharen das Stadion, schon komisch, erst warten sie über sieben Stunden in der Sonne auf den Anpfiff und dann hauen sie noch vor dem Ende ab. Das Spiel endete dann auch mit einem standesgemäßen 2:0 Sieg für Deutschland.

Nun hatten die Polizisten (hatten nette Trainingsanzüge an die Herren) in unserem Block alle Hände voll zu tun, wollten doch viele Iraner den Zaun zu unserem Block einreißen und zu uns rüberkommen. Nach gut 20 Minuten hatten sie es auch geschafft, doch blitzartig konnten die Uniformierten (äh, meinte natürlich die Leute im Trainingsanzug) den Zaun wieder geraderücken. Nach dieser Einlage verließen wir dann auch das Stadion und kehrten zu unserem Bus zurück. Hier hatte sich schon eine Menschenmenge versammelt und wollte unsere Fanartikel abstauben oder zumindest ein Foto mit uns machen. Nachdem auch das heil überstanden war, konnte unser Fahrer den Heimweg zum Hotelantreten, vorbei an winkenden Menschen ging es wieder Richtung Innenstadt. Die Straßen waren hoffnungslos verstopft, doch kannte unser Herr Busfahrer einen Schleichweg, so das wir gegen 23 Uhr wieder im Hotel eintrafen. Den Abend ließ man bei diversen alkoholfreien Getränken ruhig ausklingen.

Leider hörte ich am nächsten Morgen unseren Wecker nicht, so dass erst ein Anruf unseres Reiseleiters uns aufweckte. Nun hieß es sich fix anzuziehen und seine sieben Sachen packen. Gerade noch rechtzeitig erreichten wir unseren Bus, der uns zum Flughafen bringen sollte. Nach dem üblichen Prozedere konnte man seinen Platz im Flieger einnehmen und man hob pünktlich um 6 Uhr in Teheran ab. Nach fast 5,5 Stunden Flugzeit landete unser Vogel auf dem Flughafen Köln-Bonn. Nun war es 10 Uhr morgens und man durfte seine Uhr wieder 1,5 Stunden zurückstellen. Vom Flughafen aus fuhr man mit noch ein paar Leuten weiter zum Spiel Erkenschwick gegen Sprockhövel, aber davon in einem anderen Bericht mehr.

Eine außergewöhnliche Tour in eine andere Welt ist zu Ende. Aber so anderes ist diese Welt gar nicht. Auch dort haben die Menschen die gleichen Sorgen und Nöte wie anderswo, auch dort hat man Freunde am Fußball und ähnlichen Dingen und das die Menschen in Teheran Gastfreundlich sind brauche ich hier nicht mehr zu erwähnen. Wer weiß, vielleichtwird man eines Tages mal wieder in den Iran zurückkehren, dann aber länger als nur ein Wochenende.

Basti

09.10.04 Iran- Deutschland 0:2 – Teheran – ca. 110000 Zuschauer, darunter geschätzte 200 Deutsche – Basti (ww.bs-litros.de) – finden unter „Nationalmannschaftsberichte“

An diesem Wochenende sollte mal wieder ein echtes Highlight auf dem Programm stehen. So traf ich mich Freitag Morgen mit Rocky, Henning, Wölfchen, Matze, Uni und Miwo am Braunschweiger Bahnhof, von wo aus es zum Frankfurter Flughafen gehen sollte. Nachdem man dort gegen 12.15 eingetroffen war, begrüßte man erstmal ne Menge bekannter Leute und holte seine Reisepässe ab, da die im Vorfeld mit einem Visum versehen werden mussten. Hier stieß auch noch Yannick zu unserer Gruppe. Nach überraschend laschen Kontrollen hob der Flieger dann mit einer rund 40 minütigen Verspätung in eine unbekannte Welt ab. Alkohol war ab hier tabu, trotzdem verging die 5 stündige Flugzeit ziemlich schnell. In Teheran angekommen, tauschte man erstmal ein bißchen Geld, ehe es zum Hotel in der Innenstadt von Teheran ging. Anfangs wurden die Busse von einer Polizeieskorte begleitet. Nachdem die Zimmer aufgeteilt waren, klapperte man noch die nähere Umgebung ab, stellte jedoch dieses Unterfangen bald ab, da absolut garnix mehr geöffnet hatte. In der Hotellobby wurden dann die verschiedensten alkoholfreien Biere getestet, ehe es ins Bett ging. Um 7Uhr war man dann mit dem Rest unserer Reisegruppe zum Frühstück verabredet. Nach diesem wurde die Stadt ein wenig erkundet. So klapperte man unter anderem einen Bazar ab, wo man überall beäugt wurde.

Anschließend ging es per Taxen zu einer Art Freiheitsstatue. Taxifahren in der iranischen Hauptstadt ist ein echtes Abenteuer, da zb 3 spurige Straßen zu 5 spurigen umfunktioniert werden. Jeder fährt wie er lustig ist, Verkehrsregeln werden nicht so streng beachtet. Anschließend wollte man zum Stadion, um im Hellen ein paar Fotos zu schießen. Dafür nutzte man eine Art Sammeltaxi. In diesem Bus waren wir die Attraktion und mussten uns erstmals für diverse Fotos mit Einheimischen zur Verfügung stellen. 7, 5 Stunden vor Spielbeginn löste man ein Ticket für 1 Euro und versuchte so gut wie möglich, unauffällig ins Stadion zu gelangen. Natürlich wurde man überall als Deutscher enttarnt, sodass man laufend Hände schütteln musste sowie für Fotos posieren musste. Das Stadion war zu dieser Zeit schon mit gut und gerne mit 15000 Menschen gefüllt, einige mussten die Nacht hier verbracht haben. Nachdem man ein paar Fotos gemacht hatte, wollte man nur noch schnell raus. Jetzt kann ich mir vorstellen, wie es ist, ein Popstar zu sein. Nachdem unsere Gruppe wieder komplett war, ging es per Sammeltaxi erneut zur Statue der Freiheit. Ein paar Meter von dieser entfernt kehrte man in einer Lokalität ein. Hier gabs anschließend leckere Fleischspieße zu einem günstigen Preis. Nun wollte man endlich ein paar Postkarten organisieren, was jedoch nicht so einfach war. Per Taxi wollte man nun zu dem Hotel, wo die Tickets für deutsche Zuschauer ausgehändigt worden. Die 3 Taxifahrer verfuhren sich dabei ein ums andere Mal, zwischenzeitlich wurde gar die deutsche Botschaft angesteuert. Matze sagte dem Fahrer, wo es denn langgehen müsste. So landeten wir nach einer Irrfahrt doch vor dem Hotel, wo man seine Tickets in Empfang nahm. Anschließend splittete sich unsere Gruppe, um Postkarten zu organisieren.

Nachdem man sich offenbar verfehlt hatte, ging es zu fünft per Taxi zu unserem Hotel. Auf dieser Fahrt hatte ich das Vergnügen, auf der Rückbank quer Platz zu nehmen. Garnicht mal unbequem…. 3 Stunden vor Spielbeginn ging es dann per Bus zum Stadion. Man hatte sogenannte Vip- Tickets bekommen und parkte mit dem Bus direkt hinter der Tribüne. Als man das Stadion betrat, bekam ich eine Gänsehaut, die Schüssel war proppenvoll und es herrschte eine tolle Atmosphäre. Innerhalb von 8 Sekunden gingen superschnelle LaOla Wellen durchs Rund. Leider wurde die Atmosphäre im Laufe der Zeit immer schlechter. Die Leute waren jedoch sehr freundlich, sodass man sich zu keiner Zeit unwohl fühlte. Nach dem Abspielen der Nationalhymnen erreichte die Atmosphäre ihren Höhepunkt. Die Stimmung hatte durchaus westliche Züge, da es eine Kombination zwischen Klatschen und Gesang gab. Durch die äußerst frühe Führung der deutschen Elf litt die Atmosphäre im Stadion. Aus unserem Block kam sogut wie garnix, war auch eine äußerst eigenartige Mischung. So waren zig Botschaftsangehörige in unserem Block vertreten. Man hoffte, dass der Iran auch ein Tor schießen würde. Leider blieb dieser Wunsch unerfüllt… Das Spiel war recht ansprechend und man gewann es schließlich mit 2:0. Immer wieder versuchten Iraner aus dem Nachbarblock in unseren Block zu gelangen, was jedoch von Polizisten in Trainingsanzügen (netter Anblick) immer wieder unterbunden wurde. Einige schafften es dennoch und waren anscheinend sehr glücklich darüber, zwischen uns zu sitzen. Nach dem Spiel musste man durch ein Spalier von Polizisten, ehe wieder Fotostunde angesagt war. Ich weiß garnicht, für wieviele Fotos ich mit Einheimischen posieren musste. Das Verkehrschaos hielt sich in Grenzen, sodass man nur rund eine Stunde zum Hotel benötigte. Anschließend klapperte man wieder die Straßen rund ums Hotel ab. Diesmal fand man einen Tabakhändler, bei dem man sich ne Stange Kippen kaufte. Im Hotel ließ man den Abend bei alkoholfreien Getränken Paroli laufen. Gegen 1Uhr gings dann aufs Zimmer, da man gegen 3.30Uhr aufstehen musste. Viel Schlaf gabs also nicht. Um 4Uhr gings dann zum Flughafen, wo die Kontrollen wieder unerwartet lasch waren. Um 6Uhr hob der Flieger dann Richtung Köln ab. Um 10Uhr deutscher Zeit war man dann in Köln, wo viele Leute erstmal eine Lokalität ansteuerten. Anschließend splittete sich unsere Gruppe. Der eine Teil fuhr nachhause, der andere Teil, in dem ich mich befand, wollte noch das Spiel Erkenschwick- Sprockhövel beäugen. Um 21.45Uhr war ich dann wieder in meinen 4 Wänden und ein äußerst bewegendes Wochenende hatte sein Ende gefunden.

Henning

09.10.2004 Freundschaftsspiel: Iran – Deutschland 0:2 (0:1) – Azadi-Stadion, Teheran (110.000 Zuschauer) – (www.stadionfan.de) – zu finden unter „on tour“

Endlich! Für dieses Wochenende stand die lang ersehnte Iran-Reise auf dem Programm. Was hatte man sich im Vorfeld nicht alles für Gedanken über dieses Reiseziel gemacht? Im Bekanntenkreis taten manche Leute gar so, als würden sie nicht damit rechnen, dass unsere Gruppe wieder zurückkommt. Um 9h ging es mit Basti, Rocky, Matze, Miwo, Uni und Wölfchen per ICE und mit gespannter Erwartung nach Frankfurt, wo um 15:50h unsere Iran-Air-Maschine gen Teheran starten sollte. Mit uns im Abteil saß die indische Version von Ron Williams, der während der Fahrt leider kein Wort herausbrachte.

Am Flughafen trafen wir dann auch den Belgier und holten unsere Pässe mit den gar nicht mal so billigen Visa ab, bevor wir uns an einer Bar gemeinsam mit dem Hans-Meiser-Team ein letztes Bierchen vor dem Abflug in die alkoholfreie „Islamische Republik Iran“ gönnten (oder besser „leisteten“, denn ein Hefe kostete stolze 4,90 EUR). Der Flug in einem relativ neuen Airbus begann leider mit über halbstündiger Verspätung, verlief aber dafür absolut ruhig und dank der respektablen Beinfreiheit auch sehr entspannt. Lediglich beim Essen gab es leichter Abzüge. Der Hammel (oder was auch immer da in der Alu-Schale lag) bekommt höchsten eine 3-.Im Flieger bekam man auch schon einen Vorgeschmack auf die islamischen Bekleidungsvorschriften. Die Uniform der Stewardessen erinnerte mehr an Kostüme aus einem Star Wars-Film. Mehr als das Gesicht und die Hände waren wirklich nicht zu sehen.

Nach 4 1/ 2 Stunden schlugen wir auf dem International Airport Mehrabad auf, wo man nach zügiger Passkontrolle an der Taschenkontrolle mit einem Lächeln durchgewunken wurde. Mit Basti wartete ich von Einheimischen neugierig beäugt auf den Rest der rund 120 Personen umfassenden Gruppe. Ganz Neckermann-like ging es dann mit Bussen in die Stadt. Einige Knaller begannen damit, den „Reiseleiter“ mit Fragen zu löchern, wo es denn was zu ballern gebe. Mannomann, es muss doch auch mal ein Wochenende ohne gehen. Ich glaube, einige Dichtmänner haben echt geglaubt, das ihnen zu Ehren mal eben die islamischen Gesetze für ein Wochenende aufgehoben wird. Tzzz!

Nach einer halben Stunde erreichten wir unser Hotel welches in einer dunklen Seitenstraße lag, die nicht gerade zum Flanieren einlud. Die Absteige entpuppte sich letztlich aber als sehr akzeptabel. Im Foyer traf man sich nun um das getauschte Geld aufzuteilen, da wir anstatt uns alle einzeln anzustellen 8×30 Euro auf einmal getauscht hatten. Dies hatte Uni erledigt, der nun eine Plastiktüte mit Zweieinhalb Millionen RIAL auf dem Tisch ausschüttete. Wie vor einem Monopoly-Spiel wurden die Bündel nun gleichmäßig auf 8 Haufen verteilt. Was für ein Anblick!

Auf der Suche nach einem offenen Restaurant erkundeten wir danach die nähere Hotelumgebung.. Leider waren die Straßen bis auf einige herumkickende iranische Jugendliche wie ausgestorben, weshalb wir dann den Rückzug ins Hotel antraten. Im Foyer ließ man den Abend dann bei einigen alkoholfreien Biergetränken ausklingen, die geschmacklich zwischen Apfelschorle und flüssigem Fußpilz (Zitat HMT) lagen.

Da man den einen Tag in Teheran vernünftig nutzen wollte, ging es schon um 7 zum Frühstück, welches sich als äußerst einfach, aber sättigend entpuppte. Das eigentlich witzige waren die beiden Perser in der Küche, die sich zur allgemeinen Belustigung der Anwesenden lautstark in die Wolle bekamen.

Dann ging es endlich in die Stadt, welche sich im Laufe der nächsten Stunden als unglaublich lauter und riesiger Moloch entpuppen sollte. Die Stadt erstreckt sich über eine Fläche von 18×25 km und ist das zu Hause von ungefähr 13 Mio Menschen. Sie gilt als eine der am dichtesten besiedelten Metropolen der Welt. Innerhalb der Stadt gibt es einen Höhenunterschied von 600 m: der Süden der Stadt liegt auf 1200m und im Norden wuchern die Ausläufer in 1800 m Höhe langsam in das Elburs-Gebirge hinein, welches über 5000m erreicht. Es ist schon ein irrer Anblick, leider war die Sicht gegen Mittag schon arg vom Smog getrübt.

Nach einer kurzen Lagebesprechung ging es mit Taxis duch das Teheraner Verkehrschaos zum Bazar Der Bazar besteht aus einem endlosen Labyrinth von Gängen, in den alles erdenkliche feilgeboten wird.

Zunächst ging es nach kurzem Fußmarsch in die falsche Richtung mit mehreren Taxis zum Basar. Dieser erstreckt sich in einem Rechteck von 1×1 km. Darin befindet sich ein endloses Labyrinth von überdachten Gängen, welche von unzähligen kleinen wie großen Läden gesäumt sind. Hier gab es einfach alles. Gleich rollenweise konnte man gefakte Etiketten von Nike, Adidas und allen anderen Markenfirmen erwerben. Das erklärte dann auch, warum es Adidas-Schuhe mit den berühmten 3 Streifen und einem Nike-Logo auf der Ferse zu kaufen gab. Im Gegensatz zur den Touri-Basaren in Ägypten und der Türkei konnte man hier einfach unbehelligt und entspannt durchflanieren, ohne durch penetrante Verkäufer belästigt und in die Läden gezerrt zu werden.

Als nächstes stand eine weitere abenteuerliche Taxifahrt zum Azadi-Platz an. Taxifahren in Teheran ist echt ein Highlight und sei jedem ans Herz gelegt. Die Autos haben es meist schon hinter sich und pfeifen teilweise aus dem letzten Loch. Verteilt auf 3 Wagen fuhren wir einer Art von Konvoi, wobei sich die Fahrer immer wieder gegenseitig Anweisungen zuriefen und die Fahrzeuge einander beängstigend nahe kamen. Deswegen fehlte wahrscheinlich hier und da ein Außenspiegel. Aber kurz gesagt: es machte einen Heidenspaß. Irgendwann hatten wir sogar das Handeln raus, was angesichts der Sprachbarriere schon erstaunlich war.

In der Mitte des Azadi-Platzes steht das ca. 40m Hohe Azadi-Denkmal (hier hieß irgendwie alles „Azadi“) Ein Gang auf die Aussichtsplattform blieb uns leider verwehrt, da das Gebäude natürlich ausgerechnet samstags verschlossen ist.

Wir entschieden uns nun für eine Fahrt zum Stadion, da der Großteil der Gruppe ein paar Bilder der Arena bei Tageslicht schießen wollte. Diesmal nahmen wir ein Sammeltaxi, was sich als lustige Angelegenheit erwies. In dem schrottreifen Gefährt mussten wir erstmal mit einigen Iranern fürs Fotoalbum daheim posieren. Nicht das letzte Mal für den heutigen Tag, denn die Leute waren geradezu süchtig nach Kontakt zu Leuten aus dem (westlichen) Ausland. Der Fahrer entschied sich, während er ununterbrochen „ESTAAAADIOON“ aus dem Fenster brüllte, nicht für den direkten Weg zum Stadion, sondern fuhr eine Ehrenrunde über den Busbahnhof, der ungefähr die Fläche von 5 Fußballfeldern einzunehmen schien. Von einer 2 Runde konnte dank lautstarker Pöbeleien des Mitreisenden aus Peine-West abgehalten werden. Am Ground angekommen, wunderten wir uns, dass 8 Stunden vor Spielbeginn schon ein unglaublicher Trubel herrschte. Wir kauften uns für einen schlanken Euro ein Ticket und betraten das riesige Areal. Der Unterrang des Stadions ist im Boden versenkt, der Oberrang besteht aus riesigen Erdwällen. Im Stadion dann großes Erstaunen, waren doch so viele Stunden vor Spielbeginn gut 15.000 Plätze schon besetzt. Unsere Hoffnung, dass wir am Abend eine 6stellige Zuschauerzahl erleben würden, wuchs dadurch ungemein. Also machten wir fix einige Fotos und verabschiedeten uns wieder in Richtung Ausgang, was von den anwesenden Sicherheitskräften mit einem verständnislosen Kopfschütteln quittiert wurde. Beim Rausgehen erwiderten wir dann noch das freundliche Zuwinken Hunderter Iraner, die dann auch teilweise das Gespräch suchten, was aber angesichts einiger weniger Englischbrocken sehr schwer war. Man behandelte uns jedenfalls ungemein freundlich und zuvorkommend, Einige meinten es besonders nett und begrüßten uns mit „Heil Hitler“, was man nur noch mit einem Lachen erwidern konnte. Sie wussten es halt nicht besser und man musste es einfach als nett gemeint annehmen. Nach diese ersten Lektion in Sachen „Wie fühlt man sich als Prominenter“ fuhren wir zurück zum Azadi-Platz und kehrten ein einem kleinen Restaurant zum Mittagessen ein. Zum Glück gab es jemanden der deutsch sprach, was den Bestellvorgang enorm beschleunigte. Für knapp 3 Euro gab es ein schönes Menü, was alle zufrieden stellte.

Was nun folgte, kann nur als Odyssee bezeichnet werden: Wir wollten mit Taxis zum Tourismus-Ministerium fahren, in der Hoffnung, dass es wenigstens dort die bisher unauffindbaren Postkarten geben würde. Nach halbstündiger Fahrt stellte sich langsam heraus, dass die 3 Fahrer keine Ahnung hatten, wo das Ziel überhaupt lag, woraufhin erstmal die Deutsche Botschaft angesteuert wurde. Das half natürlich auch nicht weiter. Schließlich fasste sich Matze ein Herz und lotste mit Hilfe eines äußerst groben Stadtplans in einer navigatorischen Meisterleistung unsere Wagenkolonne zum Ziel (bzw. in die Nähe davon). Soviel zur Ortskenntnis Teheraner Taxifahrer…

Leider fanden wir danach weder das Tourist-Büro noch irgendwelche Läden mit Postkarten, obwohl sogar eine des englischen mächtige junge Iranerin uns noch begleitete und beim Suchen half. Soviel dann auch zum Klischee, im Iran dürfen Frauen nur in Begleitung ihrer Männer auf die Straße. Nicht das einzige Vorurteil was sich heute als völlig bescheuert erweisen sollte.

Schließlich ging es frustriert zum Hotel, wo wir an der Rezeption dann doch noch die ersehnten Postkarten bekamen. Es handelte sich um ausgesucht schöne Motive (diejenigen, die eine bekommen haben, wissen wovon ich rede).

Gegen halb 5 wurden wir von Bussen abgeholt und durch den chaotischen Teheraner Feierabendverkehr zum Stadion gebracht. Am Stadion herrschte das blanke Chaos: Überall Menschenmassen, die um Einlass in die Arena begehrten. Durch ein Spalier von unzähligen Bullen wurden wir aufs Gelände gelotst. In Schätzungen ging man davon aus, dass sich rund um das Stadion 150.000 Menschen tummelten, was zusammen mit den 110.000 im Inneren die Einwohnerzahl von Braunschweig ergibt. Wahnsinn!

Vom der Fußball-Mafia hatten wir übrigens vor Ort kostenlose Eintrittskarten für das Spiel erhalten. Wirklich sehr großzügig bei einem Eintrittspreis von 1 Euro. Ein langer Gang führte zu unserem Block im Unterring der Haupttribüne. Beim Betreten des Blocks blieb einem schier die Luft Weg. Der Anblick der mit über 110.000 Mensche besetzen Ränge war einfach atemberaubend. Kurze Zeit später wurde dann das Stadion verdunkelt und es begann eine von modernsten Techno-Klängen untermalte Lasershow, die die ekstatische Menge noch mehr aufpeitschte. Ich glaube, jeder aus unserer Gruppe hatte in diesem Moment eine Monster-Gänsehaut und genoss den Augenblick einfach nur. Zuvor hatte noch eine iranische Band das erste Stadion-Live-Konzert seit der islamischen Revolution vor 25 (!) Jahren gegeben. Kein Wunder, dass das Publikum so ausflippte. Bis zum Spielbeginn vertrieb sich die Menge dann noch die Zeit mit Wechselgesängen (schon geil bei der Zuschauerzahl) und unzähligen „Speed-Laolas“. Es war einfach unbeschreiblich geil!

Das Spiel selbst verlief für die Atmosphäre im Stadion nicht allzu glücklich. Durch die frühe Führung der Deutschen flachte die Stimmung doch enorm ab, obwohl die Iraner auch ihre Chancen und Spielanteile hatten. Die Zweite Halbzeit wurde leider durch die unzähligen Auswechslungen auf beiden Seiten völlig zerstückelt. Die Stimmung im deutschen Block war heute lahm bzw. nicht vorhanden. Aber das war eigentlich auch egal, denn so ziemlich jeder Anwesende war sich wahrscheinlich bewusst, dass er so etwas in der Art und mit der Zuschaueranzahl nicht noch mal in diesem Leben gebotene bekommen würde. Lediglich 2 Mega-Neckermänner vom ach so tollen „Fanclub Nationalmannschaft“ sorgten ein ums andere Mal für Erheiterung, weil sie das Spiel ernst nahmen und jeden Fehlpass der Deutschen empört kommentierten. Was für Iddis!!!

Nach dem Abpfiff blieben wir noch eine Weile im Block, da draußen das wieder ein Verkehrschaos erwartet wurde. Als wir uns dann auf den Weg zu unserem Bus machten kam es immer wieder zu Begegnungen mit Iranern, die uns auf persisch zutexteten. Auch wenn man kein Wort verstand, wurde dennoch deutlich, dass alles sehr nett gemeint war. Vor unserem Bus stand dann noch eine ganze Traube um mich herum. Nachdem man auch hier jedem die hand gegeben hatte, schenkte mir ein recht junger Iraner sogar noch eine Nationalflagge, worauf hin ich doch echt schlucken musste. Eine absolute Hysterie. Auf dem Weg in zurück in die Innenstadt waren die Straßen gesäumt mit Tausenden Fans die uns zujubelten. Andere eskortierten die Busse auf Motorrädern. „So fühlt man sich als Prominenter, Lektion 2“. Es hatte den Anschein, man wollte so oft und deutlich wie möglich zeigen, wie erfreut man über den Besuch aus dem Westen ist und das dieser das Land und Leute in bester Erinnerung behält. Das ist ihnen mehr als gelungen! Das Spiel und das ganze Drumherum wurden in der internationalen Presse als das bedeutendste gesellschaftliche Ereignis seit der Revolution vor 25 Jahren bezeichnet. Bleibt zu hoffen, dass einige Besonderheiten wie das Konzert und die Duldung von Frauen im Stadion keine Eintagsfliegen bleiben. Aber es wird natürlich schwer für die Mullahs, die Uhr nach diesem Wochenende wieder zurückzudrehen.

Die Nacht im Hotel verbrachten wir mit Postkarten schreiben und dem Vertilgen der so lieb gewonnenen alkoholfreien Brausegetränke. Da es sich nicht mehr lohnte sich bis zur Abfahrt um 4h morgens hinzulegen überbrückte man die restliche Zeit mit dem Rauchen diverser einheimische Zigaretten, die man noch bei einem Straßenhändler ergattern konnte (Stange für knapp 4 Euro).

Schon jetzt war mir klar, dass es einige Tage dauern würde, bis man diesen Tagesausflug auf einen anderen Stern verarbeitet haben würde. Aber das Fazit fiel bei der gesamten Gruppe absolut positiv aus. Man schämte sich geradezu für die Bedenken und das Misstrauen vor der Reise. Mein Bild vom Iran hat sich jedenfalls gehörig geändert. Wo einem vorher nur Fahnen verbrennende Fanatiker, Ayatollah Khomeini, „Nicht ohne meine Tochter“ und Atomprogramm einfiel, denkt man nun an den tollen Empfang und die vielen netten Leute, die sich einfach nur über unsere Anwesenheit freuten. Hoffentlich bricht dieser größenwahnsinnige Bush dort nicht bald den nächsten Krieg vom Zaun!

Den Rückflug verbrachte ich überwiegen schlafend, der nette Chemnitzer neben mir weckte mich netterweise immer, wenn’s was zu futtern gab. Um 10h landeten wir in Köln und gönnten uns sogleich ein Kölsch an der Flughafenbar. Während der Belgier und die beiden Wölfchen es vorzogen, nach Hause zu fahren (Stichwort Kartoffelpuffer), deckten wir uns noch mit ein paar Fahrbieren ein und machten uns mit dem Rest auf den Weg zur Partie Spvgg Erkenschwick – TSG Sprockhövel.

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