BAYERN – Juli : 2009

Der Bayerische Wald. Immer nur in kleinen Ausschnitten gesehen. Das ändert sich nun.

Der Große Arbersee, geologisch spannend. Felsen werde ich bei der Tour etwas später noch haben, also lasse ich den Großen Arber, höchste Erhebung im Bayrischen Wald, weg. Dicht umschlossen vom Wald und dominiert von der Flanke des Arbers liegt der See da. Der Rundweg führt entlang von einigen Felsen und vermittelt mit seinen wild durcheinanderwachsenden Bäumen ein wenig Urwaldstimmung und vor allem die bestätigte Gewissheit, dass hier die Eiszeit am Werk war. Auch im See hat die Eiszeit sichtbare Spuren hinterlassen mit den „schwimmenden Inseln“.

Auf den einzelnen Tafeln im Naturpark ist dies erklärt: Seit der Eiszeit erobern Torfmoose und Seggen die freie Wasserfläche, indem sie ihre Sprosse in den See vorantreiben. Irgendwann sterben sie ab. Im Laufe der Jahrtausende haben diese Torfmoorflächen eine Dicke von 1 bis 3 Metern erreicht. Als man die Arberseen für die Holztrift um mehr als einen halben Meter anstaute, verloren diese Verlandungsflächen ihre Verbindung zum Untergrund und schwimmen seitdem auf der Wasseroberfläche. Die Inseln im Kleinen Arbersee verändern je nach Windrichtung ihre Position. Die Schwingrasen im Großen Arbersee schieben sich am Westrand des Großen Arbersees auf ca. 2 ha vom Ufer aus über die Wasserfläche und haben an den flachen Ufern Kontakt zum festen Untergrund.

Es geht weiter nach München, seit Ewigkeiten nicht besucht und da ich Andreas für einen Nachmittag von seinen Prüfungsvorbereitungen weglotsen kann, ist das erste Südwochenende schnell gebucht.

Ich verbinde dies mit dem Deutschen Museum und dem Olympiapark, dessen Nachnutzung beispielhaft sein dürfte. Im April in Athen durften Henning und ich ja einen Blick auf die dortige Nacholympiatristesse werfen. Hier ist es anders. Ein schönes Areal, welches einfach passend in die Stadt eingebunden ist und ein entsprechendes Konzept hat. Selbst das Olympiastadion, das die Bayern ja mit dem Bau ihrer Arena als Heimspielstätte, wird weiterhin genutzt. Ärgerlich nur, dass an diesem Wochenende die Zeugen Jehovas das Stadion bevölkern, denn so bleibt mir der Zugang zu den Katakomben verwehrt. Naja, immerhin kann ich aber endlich mal das Stadion aus nächster Nähe begutachten; dies war mir ja bisher leider nicht vergönnt.

Weiter geht’s noch etwas in den Süden nach Zell am See am Fuße des Nationalparks Hohe Tauern. Die Hinfahrt über den Gerlospass ist bereits Klasse und macht mir recht schnell klar, dass nur ein Wochenende in dieser Region ja eigentlich viel zu wenig ist. Mit dem Pass in ca. 1.500 m Höhe wechsele ich vom Salzburger Land ins Tiroler Zillertal. Seit 1960 gibt es diesen Pass.

Wenn dann der folgende Tag komplett verregnet ist, ist das schon sehr ärgerlich. Aber nicht zu ändern; also suche ich mir ein Alternativziel, welches mit dem Nationalparkzentrum Hohe Tauern Mittersill auch schnell gefunden ist. Weil alles gut dokumentiert ist, mag es als Ersatz auch gut herhalten, gleichwertig zu den Bergen so richtig in echt kann es aber nicht sein. Dessen ungeachtet gibt es aber interessante Sachen über diese geologische Besonderheit Tauernfenster zu erfahren. Die Gesteine der Tauern sind um Einiges älter als die umliegenden Gesteine der aufgefalteten Alpen.

Die Gesteine vor der Kreidezeit waren genauso Erosionen ausgesetzt wie die heutigen Gesteine, nur dass die Erdoberfläche noch nicht die heutige Struktur hatte. Abgetragene Gesteine sammelten sich im Penninischen Ozean, der beginnend mit der Kreidezeit (vor 100 Mio Jahren) eingeengt wurde. Die Kontinente schoben sich allmählich aufeinander. Die abgetragenen Gesteine wurden überlagert und in tiefere Schichten geschoben und dort unter großen Temperaturen geformt und umgewandelt. Keine Überlagerung von Dauer und auch kein abgeschlossener Prozess, denn dies ging immer einher mit der Hebung der Alpen, denn die Kontinentaldrift hat z.B. die Auffaltung der Alpen zur Folge.

Und – nennen wir sie mal so – die Tauerngesteine? Die sind leichter, weil eben nicht nur abgetragene Gesteine, sondern zusätzlich abgelagerte Kalkschalen und Skelette von Meerestieren (s.o. Penninischer Ozean), die ja auch in den tiefen Schichten umgewandelt wurden. Diese, nun zu Gestein gepresst und ebenfalls im Prozess der Hebung, können aus der dichteren Umgebung des Erdmantels leichter aufsteigen und so das Tauernfenster bilden. Als Gebirgsformation sieht man die Unterschiede herzlich wenig, die Gesteine würden es jeweils zu Tage fördern. Hilft hier aber nicht.

Vielleicht hilft der Vergleich zwischen Wasser und Eis. Die unterschiedliche spezifische Dichte lässt einen Eisberg aus dem Wasser auftauchen wie das spezifisch leichtere Tauernfenster aus dem spezifisch dichteren Erdmantelgestein aufsteigen konnte.

Am nächsten Tag zeigt sich das Wetter prächtig erholt, der Jahrhundert-Temperaturabsturz von über 30 °C auf unter 10 °C ist vorüber. Der Effekt ist Schnee ab 1000 m Höhe, im Juli in dieser Region eigentlich unmöglich und seit Jahrzehnten auch nicht mehr aufgetreten. Mir beschert es großartige Bilder.

Immerhin also: das miese Wetter bringt mir einen mehr oder weniger unbrauchbaren Tag, aber dafür noch einige unvergleichlich schöne Bilder mit schneebedeckten Bergen mitten im Juli einen Tag später.

Doch damit nicht genug, ich bin ja noch in Richtung Kapruner Stauseen unterwegs. Pläne für Stauseen in den Kapruner Bergen gab es seit den 20er Jahren. 1938 erfolgte der Spatenstich für die Kraftwerksgruppe Glockner-Kaprun, 1955 wurde die Anlage mit Mitteln des Marshall-Planes fertiggestellt. Der obere Stausee ist der Mooserboden-Stausee in 2.040 m Höhe, der Wasserfallboden-Stausee liegt in 1.675 m Höhe. Es ist jeweils nicht die Länge (ja ca. 3 km), die sie so interessant und großartig macht, sondern die Lage in der Hochgebirgswelt der Tauern und der gigantische Rundblick. Es ist genau die Entschädigung, die ich mir nach dem gestrigen Tag vorstelle.

Dieser Eintrag wurde in Kurztrip veröffentlicht.

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