Scharoun Theater Wolfsburg

Und wieder eine dieser Perlen der Moderne: das Scharoun Theater Wolfsburg.

Das Scharoun Theater Wolfsburg ist ein 1973 eröffneter Theaterbau in Wolfsburg in Niedersachsen. Er wurde nach Plänen des Architekten Hans Scharoun errichtet. […]

Pläne für einen Theaterbau gab es ab 1954.[…]

Am 8. September 1969 erfolgte der erste Spatenstich durch Oberbürgermeister Hugo Bork. Der Bau des Theaters geriet jedoch vom Frühjahr 1970 bis zum März 1971 ins Stocken, da die Finanzierung ungeklärt war. Der Entwurf erwies sich als zu aufwändig und musste in zahlreichen Diskussionen mit dem alternden Scharoun geändert werden. So wurden ein geplantes Theatercafé und eine Freilichtbühne am Berghang nicht gebaut. Laut Entwurf sollte der umbaute Raum 83.000 Kubikmeter betragen, realisiert wurden 48.000 Kubikmeter. […]

Ein ursprünglich geplanter breiter Gang im Zuschauerraum wurde durch eine schmale Nahtstelle ersetzt, um den Künstlern ein geschlossen wirkendes Auditorium zu bieten. Scharoun starb 1972 und erlebte die Vollendung des Gebäudes nicht. […]

Am 5. Oktober 1973 wurde das Theater mit einer Aufführung von Henrik Ibsens Schauspiel Nora nach einer Inszenierung von Hans Neuenfels eröffnet. […]

2013/2014 begann eine Sanierung des denkmalgeschützten Theaters. […] Am 24. Januar 2016 wurde das Theater wiedereröffnet. […] Quelle

Das Theater wurde im Stil der Organischen Architektur gebaut. […]

Die Außenwände der beiden Flügel und der untere Bereich des Bühnenteils sind mit geschnittenem, natürlich gemasertem, hellem Travertin bedeckt, und schließen oben mit einem Gesimsband aus Aluminium ab. Für den oberen Teil des Bühnenbereichs wurden dunklere Brekzie-Platten verwendet. […]

Der „Große Saal“ hat einen trapezförmigen Grundriss mit schmaler Bühnenseite; Wände und Decke sind mit Eschenholz getäfelt, der Boden mit hellem Teppichboden belegt. […] Der Zuschauerraum bietet 777 Sitzplätze bei Musiktheater-Vorführungen und 833 Sitzplätze im Schauspiel sowie jeweils 120 Stehplätze. […]

Als Stadt mit erst kurzer und dann auch noch sehr belasteter Geschichte hat Wolfsburg nach dem Zweiten Weltkrieg sehr bewusst und systematisch den architektonischen Neuanfang im Geist der Moderne gesucht. Als ein vollendeter Bau des Funktionalismus thront so seit 1973 das Theater, geschaffen von dem bereits damals berühmten Architekten Hans Scharoun, auf dem grünen Hügel gegenüber der Stadt.

„Das Werk ist ganz für die Landschaft konzipiert“, erläutert Architektur-Professor Gerhard Auer. „Es ist kein städtischer Bau wie die Theater an den zentralen Plätzen anderswo, sondern muss sich mit einer gewissen Wucht von weitem, am Ende der aus der Stadt führenden Blickachse der Porschestraße behaupten.“

Die Funktionen der einzelnen Bauteile werden auf Anhieb sichtbar: Das klotzige, fensterlose Bühnenhaus, das eben die Blackbox als Spielfläche des Theaters birgt und auch nach außen nichts anderes behauptet. Eine theatrale Geste wie später in der Postmoderne wird vermieden. „Die anderen Räume, Flure, Foyers sind ganz von den Besucherströmen bestimmt“, erklärt Auer.

Im Zentrum steht der Zuschauerraum, der von möglichst gleichmäßig guten Sichtbedingungen geprägt ist. Die Flure führen in einer strahlenförmigen Lenkung der Besucher darauf zu. Große Fenster gibt es nur in den Pausenfoyers, da wo man sehen und gesehen werden will.

Auer betont auch Details wie die sich breit, aber flach öffnende Eingangsfront zum Parkplatz hin: „Das ist wie eine Umarmung, da wird der Zuschauer sanft ins Theater eingeladen. Aber ganz ohne alle repräsentative Allüre, denn den Eingang sieht man von unten sowieso nicht.“

Auer betont auch den Unterschied dieser freien, etwas verschachtelten, sich der Natur einschmiegenden Form gegenüber der streng dem Bauhaus folgenden Moderne: „Den rechten Winkel, die Serie in der Abfolge von Abständen und Elementen werden Sie hier nicht finden.“ Alles ist funktionsgerecht, den Bewegungen der Landschaft und des Publikums folgend eingerichtet, und Menschenströme fluten nun mal nicht um 90 Grad.

Bei allem Funktionalismus hat Auer aber auch eine Anekdote aus Scharouns schachteligem Bau der Berliner Philharmonie parat, wo der Zuschauer manchmal Mühe hat, seinen Platz zu finden. „Ich habe als Student an einer Baustellenführung durch Scharoun teilgenommen, da hat er sich selbst verlaufen.“

Auch die Schmuckfeindlichkeit des Funktionalismus hat Scharoun gelegentlich etwas unterlaufen, wenn man an die Schuppungen und den Goldton der Philharmonie denkt. Oder den geschnittenen, in sich natürlich gemaserten Stein, aus dem das Wolfsburger Theater erbaut ist. Zumindest von nahem gibt das – ohne alle Funktion – etwas dekorative Struktur. Quelle

Hier die Seite der Architekten, die die Sanierung durchführten. Insbesondere die Abbildungen sind top.

Das Theater der Stadt Wolfsburg zählt zum Spätwerk des Architekten Hans Scharoun, einem der bedeutendsten Vertreter der organischen Architektur, und ist sein einziger realisierter Theaterbau. […]

Der kristalline und allseitig erlebbare Baukörper, dessen Brillanz durch die Sanierung von Neuem sichtbar geworden ist, stellt für die Bewohner wieder einen Teil des Stadtbilds dar. Landschaft und Topografie des Umfeldes erfuhren mit der Landschaftsplanung eine sichtbare Aufwertung. Mit der umfassenden Modernisierung der Bühnentechnik und einem höheren Komfort für die Besucher konnte die Zukunftsfähigkeit des Theaters unter Bewahrung seiner Authentizität gesichert werden. Für den Betrachter sind die Veränderungen gegenüber dem Originalzustand kaum wahrnehmbar. Quelle

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