Im August 2019 ist Portugal das erste Mal ein Thema. Da sind wir gerade auf dem Rückweg aus Schottland. Gebucht für April 2020. Und dann – dann kommt alles anders. Alles.
Die Welt ist mittlerweile eine andere, in mehrfacher Hinsicht.
Immerhin haben wir das Geld für unsere 2020 gebuchten Flüge wiederbekommen, das hat ja auch ewig gedauert, ob es nun die Lufthansa war oder der verrückte Ire. Von den unzähligen Telefonaten will ich jetzt gar nicht anfangen. Nun können wir das Geld gewinnbringend einsetzen. Endlich.
Samstag, 01.10. fliegen wir nach Lissabon, kommen am früheren Abend an, sind recht fix an der Wohnung, kaufen bissel was ein. Essen ganz lecker und unkonventionell um die Ecke. Ein wenig Warten noch, dann werden wir komplett, klar, für Armin, Amira und mich sind Anreise und Flug über Berlin gut bis ideal, für Eva ist die Westroute einfach besser.
Gegen 22:00 ist unsere 4er-Reisegruppe komplett in der Escadinhas de Damasceno Monteiro, einer durchaus markanten kleinen Straße, die die Straße mit „unserem“ Supermarkt und dem schönen Aussichtspunkt vor der Capela de Nossa Senhora do Monte kongenial verbindet. Die Lage hätten wir schlechter erwischen können. Wir sind mittendrin in der Stadt und mittendrin im Urlaubsfeeling.
Und so ergibt sich für den nächsten Tag eine klare Idee unserer ersten Station. Der Blick von der Capela de Nossa Senhora do Monte ist wunderschön. Danach weiter, wir kreuzen die legendäre Straßenbahn 28, die durch die enge Altstadt kurvt. Ein Wahrzeichen der Stadt.
Weiter zieht es uns durch pittoreske Ecken der Stadt bis runter zum Hafen. Recht bald sind wir am Arco da Rua Augusta. Und wenig später am Elevador de Santa Justa, an diesem legendären Fahrstuhl zwischen Ober- und Unterstadt. Wir verweilen in der Oberstadt. Schön im Schatten, was gerade mir entgegenkommt, es ist immer noch recht warm, für mich immer noch fast zu warm. Aber das ist ja bekannt. Irgendwann abends Essen in der Nähe der Wohnung. Das Aziz bleibt i-wie übrig bei unserer Suche, überzeugt aber nicht nachhaltig.
Tags drauf bin ich recht früh aus den Federn, ja ich:-). Wir teilen uns auf, Amira, Armin und Eva schlafen aus und haben später vor allem Sintra vor sich. Ich steige in den Zug und steuere auf Porto zu.
Porto fand ich 2004 für mich zu kurz gekommen, weswegen ich es schon immer mal i-wann vertiefen wollte. Fast 20 Jahre später ist es also so weit. Der Zug geht um 8:00 Uhr, um 11:00 Uhr bin ich in Porto.
Ankunft ist am São Bento, dem hübschen Bahnhof mit den so unfassbar vielen Kacheln (Azulejos), sodass hier nicht nur Reisende ankommen und wegfahren, sondern auch Touristengruppen in Scharen durchgetrieben werden.
Noch mehr Touris stehen vor der Buchhandlung Livraria Lello. Total irre hier. Man kann sich vorab einen Timeslot buchen für fünf Euro, vor Ort weisen dann drei Mitarbeiter die Menschen ein, drei Schlangen sehe ich, bei der einen steht der gebuchte Timeslot unmittelbar bevor, die nächste Gruppe wartet seine halbe Stunde auf den nächsten Timeslot und dann gibt es noch die dritte Gruppe derer, die nichts vorgebucht haben und dementsprechend warten müssen, bis sich irgendwas ergibt. Wie lange die da warten müssen? Keine Ahnung. Ich hab mich für Vorbuchen entschieden.
Denn rein weil ich ja schon, die Buchhandlung ist schon richtig schick und abgefahren. J. K. Rowling soll hier Inspirationen für ihre Harry Potter Romane geholt haben, ist vlt. Legende, klingt aber nicht wirklich abwegig, die eigenwillige, abgefahrene Inneneinrichtung lässt die Phantasie auf jeden Fall nicht kalt.
Danach noch paar ganz nette Kirchen, natürlich alle mit den schicken Kacheln, ehe es zur Kathedrale geht. Eigentlich ist es aber gar nicht so sehr die Kathedrale, sondern die Nähe zur Ponte Dom Luís I, die den Douro überspannt und – beginnend bei der Kathedrale – beste Panoramen bereithält und fortan meinen Weg bestimmt.
Es kommt ja kaum ein Bild von Porto ohne die Brücke aus. Aus gutem Grund. Spannendes Teil, sehr spannendes Teil. 1886 erbaut, eine weitere dieser Stahlkonstruktionen. Edinburgh, Paris, Rendsburg, Ziemestal, meine persönliche Sammlung wird wieder etwas größer:-)
Hab ja immer gedacht, dass dat Dingen von Eiffel ist, aber ist „nur“ Eiffel-Schule, immerhin. Zu Eiffel später mehr.
Allerdings ist die Ecke um die Brücke auch einfach schön, ein nettes Tal hat der Douro hier eingeschnitten und zu beiden Seiten eine lebenswerte und hübsche Stadt entstehen lassen. Macht Spaß hier und gerade die Av. de Diogo Leite mit Sandemann & Co. ist ja geradezu ikonisch.
Eine Eiffel-Brücke gibt‘s dann auch noch, ich liege also nicht ganz falsch mit meiner Erinnerung. Nur ist es etwas zu laufen vom Zentrum aus, denn sie liegt ein paar Meter den Douro entlang. Auch sie – natürlich – ein schickes Teil. Mit der Besonderheit, dass die Ponte Maria Pia vor dem Eiffelturm gebaut worden ist, 1877 um genau zu sein. Kleine Fingerübung vor dem ganz großen Ding sozusagen, irgendwie denkt man ja immer, mit dem Eiffelturm hat alles angefangen.
Während ich also Porto erkundet habe (um 19:00 geht der Zug zurück), haben Eva, Amira und Armin vor allem Sintra erkundet. Da wäre ich wohl auch gern dabei gewesen, aber alles geht eben nicht und schon gar nicht gleichzeitig.
Der nächste Tag startet i-wie etwas schwerfällig, um 3:00 erst ins Bett fordert seinen Tribut. Gut, dass wir unseren Mietwagen erst um 13:00 Uhr abholen müssen. In Lissabon verzichtbar, um zur Algarve zu kommen sehr notwendig. Allerdings müssen wir von der Innenstadt zum Flughafen, was von der Entfernung her geht, aber so richtig fett ausschlafen is halt auch nicht. Egal, am Ende passt es ja, über die schicke Ponte Vasco da Gama fahren wir gen Algarve. Nach Carvoeiro um genau zu sein.
Kommen voller Vorfreude Nachmittags an, sind real einigermaßen schockiert. Gegenüber im Hotel tobt eine Poolparty mit feinster Atzenmusik in feinster Atzenlautstärke. Wir befürchten Schlimmstes für den Abend, für die nächsten Tage. Vermieter ist irritiert, sei so noch nicht vorgekommen und schickt uns umgehend ne Kollegin und die Telefonummer der Polizei. Für alle Fälle. Wir fühlen uns willkommen und betreut. Und i-wann ist auch die Poolparty gegenüber beendet und wird die Tage auch nicht wiederholt. Ruhe an unserem Pool, genauso haben wir uns es vorgestellt.
Mit der Wahl der Wohnung haben wir eine gute Wahl getroffen, wir haben Platz ohne Ende, genug Schlafzimmer für uns, können jeden Morgen entspannt draußen frühstücken, haben einen Pool. Fast bräuchten wir uns hier gar nicht wegzubewegen. Aber das wäre ja langweilig.
Zum einen gibt es ja unzählige Restaurants in Carvoeiro, zum anderen gibt es das Sagres Birdwatching Festival. Hat Amira im Flieger im Reiseführer entdeckt, es lebe der gute alte gedruckte Reiseführer. Und so geht’s am ersten Algarve-Tag flugs nach Sagres. Gut, jetzt sind wir terminbedingt am letzen Tage des Festivals da und können nicht mehr alle Angebote mitnehmen, aber der Kollege in der Birdwatchingfestivalinfo ist gut und entspannt und lotst uns direkt zum Highlight des ganzen Festivals.
Ein kleiner Vogel, er darf natürlich nicht sagen, welcher, wird der Wildnis wieder übergeben. Klingt bissel melodramatisch, aber der kleine Zwergadler wurde angeschossen und trug Verletzungen am Flügel und am Auge mit sich. Aber die Station hat ihn wieder aufgepäppelt und bereit gemacht für das Leben in der wilden Freiheit. Und heute, heute ist der Tag, an dem er bereit ist, sich wieder in die Freiheit erheben zu können. Ein erhebender Moment.
Grundsätzlich hatten wir auch die Idee, mit dem Schiff, Boot oder was auch immer zum Birwatching unterwegs zu sein. War natürlich ausgebucht. Aber es ergibt sich eine Alternative.
Zuvor eiern wir denn doch zur letzen Bratwurst vor Amerika, muss ja i-wie doch sein, auch wenn total albern. Aber die Ecke ist halt einfach cool.
Cooler allerdings, sich das von unten aus zu betrachten, vom Wasser aus auf einem coolen Boot und mit der sehr um uns bemühten Studentin. Den Namen hab ich natürlich vergessen. Der Spaß auf dem Wasser entlang der Steilküsten von Sagres ist ja das eine, das andere ist ja das wirkliche Interesse daran, dass wir einen schönen und interessanten Nachmittag haben, dass wir nicht nur auf dem Wasser rumgurken, sondern auch bissel was über die Ecke erfahren.
Tags drauf versuchen wir uns an einer Radtour. Mieten uns E-Bikes und haben eine Tour, die zu Teilen an der Küste, zu Teilen durchs Hinterland gehen soll. Die Tour sieht eigentlich ganz cool aus – auf dem Display. Aber i-wie kommt es nicht so richtig ins Rollen. Es ist so eine Kombination aus unterschiedlichen Vorstellungen, unterschiedlichen Auffassungen über die Machbarkeit und schlechter Kommunikation. Am Ende bleibt festzuhalten, dass wir gut Bewegung hatten, immerhin. Die Gegend haben wir ein bisschen erkundet, wenn auch nicht so intensiv wie gewünscht. Und wir wurden belohnt mit einem durchaus pittoresken Bild von der Bucht von Carvoeiro.
Und der Tag ist ja auch noch nicht zu Ende. Eva schlägt die Lagoa dos Salgados vor, die auch Flamingos bereithalten soll. Natürlich fahren wir hin und es wird der reinste Spass, abgesehen davon, dass sich die blöden Flamingos zwar zeigen, aber so unfassbar weit entfernt von uns und den Holzbolen, auf denen wir laufen, dass es auch bissel schade ist. Aber gut, es gibt einiges hier zu sehen, einige Vögel und vor allem die Kraniche sind schon sehr sehr cool und ästhetisch.
Während ich noch ein wenig bei der Lagune verweile, ziehen Amira, Armin und Eva weiter zum Strand. Der Sonnenuntergang naht und der Strand hier ist quasi der Traumstrand für jeden Sonnenuntergang. Will nur nicht so ganz gelingen. Also das Verweilen am Strand schon, die Ruhe ist einmalig, der weite Blick ist einmalig, der Entspannungsfaktor ist einmalig. Fehlt nur noch ein „richtiger“ Sonnenuntergang mit im Meer versinkenden Sonnenball. Leider nicht, leider nicht heute, der Dunst, der vom Meer aufsteigt, verhindert das perfekte Panorama. Dennoch überragend schön.
Die für heute fix und spontan gebuchte Boots-Tour entlang der Küste soll eigentlich vom Strand aus starten, was aber von der kleinen Carvoeiro-Bucht heute schlecht möglich ist, der Wellengang ist dafür wohl zu stark. Wir werden also nach Portimao transferiert, von da aus starten wir. Entlang der Küste bis zur Praia da Marinha und wieder zurück. Unzählige Buchten und Höhlen sind hier, kleine und größere, wunderschöne und durchschnittliche, Felsdurchbrüche und solche, die es noch werden wollen. Faszinierend und abwechslungsreich.
Es ist hier vorwiegend Kalkgestein mit sehr markanten Karstfomationen. Kalkgestein löst sich bei ständigem oder immer wiederkehrendem Kontakt mit Wasser, wird porös und unterspült und sackt oder bricht dann auch mal großflächig weg. Ein Ergebnis ist diese vielfältig geformte Küstenlinie.
So finden sich eben Höhlen neben porösen Gesteinen neben Gesteinsbögen neben Stacks. Großartige Tour über den Atlantik entlang der Küstenstraße, die auch die routiniert-gelangweilten Kommentare unseres Guides ertragen lässt.
Vom Boot aus sehen wir dann auch bereits, wo wir später dem Sonnenuntergang entgegenfiebern werden, es ist in stiller Übereinkunft beschlossene Sache. Algarve, eine Flasche Wein, vier Gläser, vier Leute, ein Sonnenuntergang, es braucht nicht viel, um glücklich zu sein.
So gestärkt und entspannt und zufrieden geht es dann in den nächsten Tag mit einer kleinen aber feinen Wanderung. Es ist ja die Frage, wie viel wir uns vornehmen können, Evas Erkältung hält sich nach wie vor hartnäckig und hat sie vorgestern bei der Radtour schon ausgebremst. Aber eine kleine Wanderung entlang der Küste von Praia da Marinha über Praia do Pau und Praia da Malhada do Baraço bis zur Praia de Albandeira will denn doch gelingen. Und gerade die Ecke um die Praia da Marinha weiß schon stark zu beeindrucken. Die hält einiges bereit, ganz vorn der Doppelbogen Arco Natural, der nicht nur sehr fotogen ist, sondern auch ein beliebtes Ziel für die ganzen Kajakfahrer ist. Die hatten wir ja gestern schon gesehen bei den Benagil Caves. Heuer untermalen sie so ein bisschen die Dimensionen dieses Doppeltores und die ganze Weite der Bucht. Auch wenn noch das eine oder andere kommt, die Bucht ist in meinen Augen ganz klar der Star der Wanderung. Und der Live-Ticker von Eintracht, der von einem Last-Minute-Tor von Pherai zu berichten weiß und einem Sieg gegen St. Pauli. Besser gehts nicht. Extase in Block 10.
Es ist also noch was geworden mit einer feinen Küstenwanderung, das hatten wir ja schon vor, nur muss es ja auch passen. Eine coole Wanderung, die die Perspektiven abrundet, vorgestern all die Schätze der Algarve-Küste vom Boot aus, heuer von oben. Beides schön, beides sehr reizend, ich will das gar nicht gegeneinander werten.
Anschließend fahren wir noch nach Portimao ins Sardinenmuseum. Das ist in der ehemaligen Sardinenfabrik und berichtet von viel Handarbeit, besonders von Frauenhandarbeit. Sardinen bzw. Fisch ist ja immer noch ein ganz großes Thema in dieser stolzen Seefahrernation, da passt so ein Museum schon. Leider ist es nicht ganz überzeugend, obwohl der Reiseführer sehr lobende Worte verteilt. Am Ende wäre es vlt. doch besser gewesen, zur Igreja de São Lourenço zu fahren und ein letztes Mal der Azulejo-Kunst im Sakralen zu huldigen, aber erstens wäre das mit 2h hin und zurück noch mal richtig Strecke gewesen und zweitens wäre die bei Ankunft wohl schon zu gewesen.
Ein letztes Mal gehen wir Essen, diesmal wieder in der Nähe des hübschen Strandes von Carvoeiro und wieder ist es bestens. Carvoeiro ist natürlich ganz auf die Touristen ausgerichtet und hat unzählige Restaurants, wir haben jeweils die richtige Wahl getroffen, wenngleich die Auswahl vegetarischer Gerichte schon arg gering ist, von vegetarischen Restaurants ganz zu schweigen sehr zum Leidwesen von Amira.
Und schon ist es Sonntag und damit der letzte Tag angebrochen. Noch einmal Schwimmen im Pool, noch einmal Frühstücken auf der grandiosen Terrasse. Mit dem Mietwagen zurück zum Flughafen Lissabon, so ist es einfacher. Wir hatten auch die Variante Rückflug von der Algarve durchgespielt, aber die will i-wie nicht passen, also ab nach Lissabon. Mit dem Mietwagen gibt es erwartungsgemäß keine Probleme, der Rest ist die übliche Rückfahrt-Rückflug-Routine.
Wieder mal ein äußerst runder Urlaub mit einer sehr sehr coolen Truppe und abgesehen von den Irritationen bei der Fahrradtour haben wir wieder gegenseitig bestens zum Gelingen beigetragen, nun schon zum vierten Male, ich finde, das spricht für uns. Ich freue mich auf die nächsten Abenteuer.