FÄRÖER / ISLAND – Juli/August : 2022

Seit der Färöer-Tour 2003 wollte ich irgendwann mal wieder mit der Norröna mindestens auf die Färöer, am besten aber gleich auch in Kombination mit Island. Für 2020 war es schon fest eingeplant, aber dann kam ja alles anders. Die Tour musste also aufgeschoben werden. Bis es eben 2022 so weit ist.

Für die Ma, die sich mit ihren zarten 85 Jahren zu so einer Tour hinreißen lässt und für mich und das eigene Auto. Der Charme so einer Reise ist ja bestechend: man fährt komplett entschleunigt, braucht keinen Mietwagen, kann die Färöer mitnehmen und kommt in den Ostfjorden an. Im Osten Islands war ich bisher nicht, so kommt nach dem Süden, dem Westen und dem Norden mit jeweils eigenen Reisen nun die vierte Himmelsrichtung hinzu. Einmal um die Insel in vier Etappen mit jeweils grandiosen Schwerpunkten, Touren und kurzen und längeren Wanderungen. Und auch wenn genau auf diesem Wege viele viele Highlights zu sehen sind, auch die Zeit ist, diese in aller gebotenen Ruhe erwandern zu können bleiben noch so viel spannende Ecken hier, dass man eigentlich auch sofort die Tour(en) neu starten möchte.

Bis zur Fähre sind es einige Kilometer zu fahren, wir reisen einen Tag vor Abfahrt an (22.07.), durch die Nacht fahren ist ja auch nicht die beste Option. Übernachtung im pittoresken Schlosshotel Gammel Vraa bei Aalborg. Die Zeit scheint stehen geblieben hier, ein lebendes Museum mit lecker Essen und einem guten Frühstück.

1355 ist Gammel Vraa als Herrenhaus erbaut. Das zweistöckige Hauptgebäude mit Zimmern, Festsaal und Restaurant wird 1645 errichtet, 1779 um zwei weitere Flügel erweitert. Seit 1977 Umbau zum Hotel.

Bester Auftakt in den Urlaub, auf geht’s zur Norröna. Natürlich dauert es ein bissel von Check in bis wir dann in den Kabinen sind, aber es ist entspannt, ohne jede Flughafenhektik und vor allem ist es spannend, jede Menge los hier, die Norröna ist nicht das einzige Schiff im Hafen, ständig wird was be- oder entladen.

Pünktlich startet das Schiff, es folgen 36 Stunden bis Tórshavn. Die Norröna hat alles, was es braucht: ein Resaturant, zwei Bistros, Café, Bar, kleines Schwimmbad, Fitnessraum, Kino. Sogar einen kleinen Soccer Court gibt es. Das Sonnendeck ist seit einem umfassenden Umbau 2020/21 am Bug des Schiffes, auf der Hinfahrt nur mäßig nutzbar, das Wetter gibt es nur recht selten so her, dass es ein Genuss ist. Grundsätzlich aber alles kein Problem, die Überfahrt lässt sich locker ertragen. Entschleunigtes Reisen mit sehr hohem Spaßfaktor. Hier der äußerst sehenswerte Film mit und über die Norröna.

Am 24.07. Abends Ankunft in Tórshavn, mehr als der Check in im Hotel Brandan ist erstmal nicht, die Insel(n)-Rundfahrt startet tags drauf mit dem Mjørkadalur, einem ehemaligen NATO Horchposten auf dem Sornfelli. Zu keiner Zeit ist man weiter als fünf Kilometer vom Meer entfernt, hier sieht man es klar und deutlich bei bestem Panoramablick. Ein toller Ort, eine tolle Straße.

Zeit für eine Wanderung. Eine der 18 Inseln, Vágar, hat nicht nur den Flughafen, sondern mit dem markanten Sørvágsvatn/Leitisvatn den größten See der Färöer. Der allein ist jetzt nicht so spektakulär. Aber er ergießt sich über den kleinen Wasserfall Bøsdalafossur in den Atlantik. Und produziert dabei jede Menge hinreißender Bilder. Ein paar Meter über dem Atlantik gelegen, dazu ein paar klar gezeichnete Felsklippen, fertig ist das atemberaubende Panorama. Von dem es tausende Bilder im Netz gibt. Es geht aber – und so wird es in den nächsten Tagen immer wieder sein und so ist es ja eigentlich immer – nichts über das Erlebnis vor Ort, nichts über das Erlebnis, sich dieses Panorama erwandert, erarbeitet zu haben. Die perfekte Wanderung zur Einstimmung auf die Färöer, zur Einstimmung auf den Urlaub.

Die benachbarte Vogelinsel Mykines wäre schon nett mitzunehmen, mindestens wegen der Papageitaucher. Nun gilt es abzuwägen. Mit dem Hubschrauber rüber mag wohl gehen, zurück geht aber nicht, es gibt nur einen Flug pro Richtung pro Tag, um touristische Nutzungen nicht überhand nehmen zu lassen, der Hubschrauber ist in erster Linie für die Versorgung der Einwohner da. Mit dem Boot zurück also. Oder umgekehrt. Alles möglich. Nur nicht wenn das Wetter wechselt, dann hängt man u.U. auf Mykines fest. Nun mag es Schlimmeres geben, als auf der Vogelinsel Mykines festzuhängen, Lundis könnte ich mir bekanntlich den ganzen Tag anschauen, aber wenn zwei Tage später die Norröna weiterfährt nach Island kann man vielleicht auf das Risiko verzichten. Das Wetter kann sich nun mal binnen kürzester Zeit ändern hier. Und das kann auf den Inseln auch mal dramatisch sein.

Also wieder auf die Hauptinsel Streymoy Richtung Tjørnuvík. Ein Dorf wie am Ende der Welt, hinreißend gelegen in einer hufeisenförmigen Bucht. Wobei es ja nicht so sehr um Tjørnuvík geht, sondern eher um den Strand und den Blick zu den beiden Felsen Risin og Kellingin. Der Riese und das Trollweib, zu denen es folgende Sage gibt:

Island, die große Insel im Nordatlantik, machte sich Sorgen um die kleinen Färöer, die ganz alleine im Nordatlantik lagen. Um sie nach Hause zu holen, wurden der Riese und seine Frau beauftragt, die 18 Inseln durchs Meer zu ziehen und nach Island zu bringen. Risin und Kellingin machten sich auf den Weg und hatten schon bald die Färöer erreicht. An dem äußersten nordwestlichen Berg Eidiskollur machten sie Halt. Der Riese blieb im Meer stehen, während das Trollweib den Berg erklomm, um die Inseln zusammenzubinden. Beim ersten Versuch, die Färöer wegzuziehen, brach die nördliche Flanke des Berges ab; also mussten sie es erneut versuchen.

Es dauerte eine ganze Weile, bis sie die Inseln festgezurrt hatten, um endlich mit dem Fortschleppen beginnen zu können. Die Nacht war jedoch schon weit fortgeschritten und der Tag graute – beide Trolle waren so in ihre Arbeit vertieft, dass keiner bemerkte, wie die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont kamen. Trolle vertragen aber kein Sonnenlicht und so verwandelten sich beide augenblicklich zu Stein. (Andreas Wachter: Färöer. Edition Elch, S. 89)

Von der anderen Seite, auf dem Weg von Eiði nach Gjógv, sind die beiden Trolle ebenfalls sehr fotogen. Die Fotospots kommen hier in der Ecke in dichter Folge. Gjógv, Funningur, Elduvík. Sensationelle Landschaft, sensationell gelegene Orte.

Am nächsten Tag heißt es früh aufstehen, sehr früh. Kalsoy steht auf dem Plan, eine der östlichen Inseln, die wie Finger in den Atlantik hineinragen. Bis Klaksvík lässt es sich recht bequem fahren, auch dank des Unterseetunnels zwischen den Inseln. Völlig abgefahrenes Teil mit dem weltweit einzigen Unterseekreisel.

Gerade auch bei den Tunneln hat sich einiges getan in den letzten Jahren. Als Henning, Andreas und ich vor 19 Jahren hier waren, gab es diese Unterseetunnel noch nicht und die anderen Tunnel waren einspurig und stockfinster. Da ist jetzt auch bissel mehr Sicherheit und Komfort.

Aber überall können nun doch keine Tunnel sein. Ab Klaksvík muss dann die Fähre herhalten. Gut, die erste um 6:40 ist denn doch erheblich zu früh, von Tórhavn bis hierher ist es ungefähr ne Stunde Fahrzeit. Aber die Fähre um 8:00 soll es sein. Blöderweise ist die schon voll, d.h. eigentlich zwei Stunden warten, immerhin schieben die Jungs noch eine Fähre dazwischen, so dass es um 9:00 losgeht gen Kalsoy. Man gut, dass ich so ein Frühaufsteher bin:-)

Kalsoy ist 18 Kilometer lang und die legen wir ersteinmal zurück, durch vier Tunnel, Ziel ist Trøllanes. Eigentlich nicht Trøllanes, sondern nur der Parkplatz hier. Von da aus rauf zum Kallur, zum Leuchtturm der Insel Kalsoy. Die Wanderung startet mit einem knackigen Anstieg und öffnet den Blick auf die Nachbarinseln Kunoy und Viðoy. Top. Der Weg durch flaches saftiges Grün entlang grasender Schafe öffnet den Blick auf die Nordspitze der Insel und den Leuchtturm. Links schält sich immer klarer der Borgarin heraus, der sich zu einer steilen grünen Wand auftürmt, um dann zum Atlantik als schroffe und lotrechte Steilküste abzufallen. Ikonisch, äußerst fotogen. Gerade der Blick vom Leuchtturm rüber ist atemberaubend mit dem Borgarin im Vordergrund und der gesamten Inselgruppe im Hintergrund. Wahnsinnspanorama.

Nächster Stop nach der kurzen, knackigen Wanderung ist das Nachbardorf Mikladalur mit der Robbenfrau Kópakonan. Die Statue erinnert an eine der bekanntesten Erzählungen auf den Färöern.

In früheren Zeiten glaubte man, dass Robben einst Menschen waren, die freiwillig den Tod im Meer gesucht hatten. Einmal im Jahr, in der Dreikönigsnacht, kamen diese „Selkies“ zurück an Land. Sie durften ihr Robbenfell ausziehen, tanzen und sich zwischen den Menschen amüsieren.

Ein junger Bauer aus dem Dorf Mikladalur ging in dieser Nacht zum Strand. Er wollte herausfinden, ob die Legende wahr sei. Er beobachtete eine große Anzahl von Robben, die ans Land schwammen. Sie krabbelten zum Strand, zogen ihr Fell aus und legten es vorsichtig auf die Felsen.

Der Bauer sah zu, wie eine besonders hübsche Robbenfrau ihr Fell versteckte. Als der Tanz im Dorf begann, schlich er zurück zum Strand und stahl es. Tanz und Spiele dauerten die ganze Nacht. Als der neue Tag anbrach, gingen die „Selkies“ zurück zum Strand, um ihr Fell wieder anzuziehen und ins Meer zu schwimmen. Bis auf eine.

Die Robbenfrau war sehr unglücklich, dass sie ihr Fell nicht fand – obwohl doch der Geruch noch in der Luft hing? Der Bauer aus Mikladalur erschien mit ihrem Fell. Obwohl sie ihn verzweifelt anflehte, wollte er ihr es nicht zurückgeben. Sie war gezwungen, ihm auf seinem Hof zu folgen. Viele Jahre behielt er sie als seine Frau. Sie gebar ihm mehrere Kinder. Er versteckte das Fell in einer Truhe, für die nur er den Schlüssel besaß. Diesen Schlüssel trug er immer an seinem Gürtel.

Doch als er einmal mit raus zum Fischen ging, bemerkte er, dass er den Schlüssel zu Hause vergessen hatte. Er sagte zu den anderen: „Heute werde werde ich meine Frau verlieren!“ Die Männer holten ihre Netze ein und ruderten so schnell wie möglich zurück. Als der Bauer seinen Hof erreichte, waren die Kinder allein und ihre Mutter verschwunden. Sie hatte zur Vorsicht alle Feuer gelöscht und die Messer versteckt, damit sich die Kinder nicht verletzen konnten.

Die Robbenfrau kehrte zu ihrer Familie im Meer zurück. Immer dann, wenn die Kinder des Bauern am Strand spielten, tauchte eine Robbe auf und schaute in ihre Richtung. Alle im Dorf glaubten deshalb, dass es sich um die Mutter der Kinder handelte. So vergingen viele Jahre.

Eines Tages planten die Männer von Mikladalur eine große Robbenjagd, auch in einer großen Höhle in den Klippen. In der Nacht vor der Jagd erschien die Robbenfrau dem Bauern im Traum. Sie warnte ihn: Er solle die große Robbe am Eingang der Höhle nicht töten. Dies sei ihr Ehemann. Die beiden kleinen Robben tief in der Höhle dürfe er auch nicht verletzen, denn es waren ihre kleinen Söhne. Sie beschrieb ihm genau, wie das Fell aussah.

Doch der Bauer ignorierte, was sie sagte. Am nächsten Tag ging er mit den anderen auf Jagd. Die Männer töteten wahllos alle Robben, die sie finden konnten. Als sie nach Hause kamen, wurde die Beute aufgeteilt. Der Bauer bekam den großen Robben-Bullen und die Flossen der zwei Welpen.

An dieser Stelle dreht die Legende nun richtig auf. Am Abend, als der Kopf des großen Bullens und die Glieder der Kleinen gekocht wurden, hörte man einen lauten Krach in der Küche. Die Robbenfrau erschien in Gestalt eines furchterregenden Trolls. Sie schnupperte am Topf und sprach einen Fluch:

„Jetzt wird es Rache geben. Rache an den Männern in Mikladalur. Einige von ihnen werden auf See sterben, andere von den Berggipfeln herunterfallen. Solange, bis es so viele Tote gibt, dass ihre Hände den ganzen Weg um die Küste von Kalsoy reichen!” Sie verschwand mit einem großen Donner und wurde nie mehr gesehen.

„Leider passiert es heute ab und zu immer noch, dass Männer aus dem Dorf Mikladalur im Meer ertrinken oder tödliche Unfälle in den Bergen haben. Es steht ist also zu befürchten, dass die Anzahl der Toten noch nicht ausreicht, damit die Toten mit ihren Händen die ganze Insel Kalsoy umkreisen können“, heißt es lapidar auf der Seite der Färöer-Insel Kalsoy. Quelle

Beim Warten auf die Fähre zurück nach Klaksvik lassen sich die Küstenseeschwalben beobachten, feiner Zeitvertreib. Das abschließende Essen im Brandan ist vom Feinsten.

Und schon ist der Tag der Weiterfahrt mit der Norröna da. Irgendwie war ja vorher klar, dass die 2,5 Tage auf den Färöern sicherlich recht kurz sein würden, bissel Kompromisse gehören bei der Tour eben mit dazu. Dafür ist es aber eben eine besondere Tour mit Kreuzfahrtfeeling und 18 faszinierenden Inseln bzw. 19, mit Island. Und noch haben wir ja einen halben Tag. Das Wetter zeigt erst mal, dass es auch richtig biestig kann, zunächst kurzer Abstecher zur Jugendherberge und zum Hotel Färöer, wo wir vor 19 Jahren waren. Bissel was verändert hat sich hier, wenn man es denn durch den dichten Nebel erkennen kann. Der sich später etwas lichtet in Kirkjubøur. Passend für das ehemalige geistige und religiöse Zentrum der Färöer. War auch mal Bischofssitz. Um 1300 soll die Magnuskathedrale entstehen, die Überreste stehen heute noch da. Ob die Kathedrale jemals vollendet wurde, ist nicht klar. Nebendran sind der Königsbauernhof aus dem 11. Jhdt. und die Olafskirche aus dem 13. Jhdt. Ein historischer Platz, ein schöner Platz.

Der Rest spielt sich in Tórshavn ab. Tinganes, die Altstadt, früher der Thing-Platz, hat ein paar alte Holzhäuser, weiß aber vor allem deswegen zu beeindrucken, dass hier dann auf einmal recht unvermittelt das Haus des Premierministers vor einem steht oder das des Finanzministeriums. Schräg gegenüber ist die Festung, die beeindruckt aber nicht wirklich. Dann schon eher noch einmal der Weg zum Unterwasserkreisel, die Fotos gelingen so leidlich, es ist eben nicht so einfach, im Kreisel zu fahren und gleichzeitig zu fotografieren. Diese Kompetenz muss ich dringend schulen. Aber egal, es gibt ja eine hübsche Postkarte. Und hier einen interessanten Zeitungsartikel.

Um 18:00/19:00 geht es weiter mit der Fähre. Zuerst um das südliche Eysturoy herum, später dann zwischen Kalsoy und Kunoy durch. Majestätisch die Berge links und rechts, majestätisch das Gefühl. Und man hat das Gefühl, dass auch die Norröna gerade diesen Teil der Tour sehr genießt. Zum Abschluß gibt es noch einmal einen Bilck auf die faszinierende Nordspitze von Kalsoy mit Borgarin und Leuchtturm und dem Inselpanorama. Magisch.

Der nächste Tag beginnt mit der Ankunft in Seydisfördur um 8:30, die Färöer und Island sind eine Nachtfahrt mit der Norröna voneinander entfernt. Recht fix sind wir runter von der Fähre und damit auf dem Weg am Gufufoss vorbei und über den Pass im Fjarðarheiði-Hochland. Das muss erst mal warten, wir haben einen Termin mit den Lundis in Borgarfjörður eystri.

Und unmittelbar zieht einen dieser Ort in seinen Bann. Mal keine Steilküste, sondern ein eher kleinerer Felsen, den sich die Papageitaucher zum Brüten ausgesucht haben. Die Gemeinde hat Holzgeländer installiert, so sind die Vögel geschützt und man kommt trotzdem ganz nahe an diese faszinierenden Vögel. Unfassbar schön, putzig, faszinierend, lustig. Und das immer gleichzeitig. An Land eher unbeholfen komisch zuweilen, gerade im Landeanflug, in der Luft und im Wasser wahre Künstler. Stundenlang könnte ich ihnen zuschauen.

Bei so viel Lundi-Faszination geht fast unter, dass hier auch noch andere Vögel brüten, die Dreizehenmöwen z.B., aber die sind eben auch nicht so fotogen. Also im Vergleich.

Unsere erste Unterkunft ist in Höfn, über die 95 und 939 kommen wir da hin. Weiß gerade über Öxi und Breiðdalsheiði zu gefallen. Geile Piste, geile Landschaft und mit dem Flögufoss gibt es auch noch einen kleinen Wasserfall zum Anschauen.

Das Appartment in Höfn ist direkt am Wasser. Schön gelegen, gut ausgestattet, sehr cooles Ding zu einem allerdings krassen Preis. Krass sind auch die Küstenseeschwalben, die hier in der Nähe offensichtlich ihre Brutstätten haben. Ziemlich aggressiv unterwegs, aber gut, wenn sie ihren Nachwuchs schützen wollen, sei es ihnen gegönnt, insbesondere, wenn sie sich so in Pose setzen wie hier.

Knappe Stunde entfernt sind Diamond Beach und Jökulsarlon. Auf dem Weg dahin nehmen wir zwei Backpackerinnen mit. Die eine ist Pflegerin, kommt aus Neuseeland und ist eigentlich Deutsche. Oder vielleicht nicht mehr ganz, sie ist schon einige Jahre weg aus Deutschland. Während wir so erzählen über Island, Neuseeland, Deutschland steht die nächste Backpackerin am Wegesrand. Französin ist sie. Die beiden kennen sich, haben schon ein Teil des Weges gemeinsam zurückgelegt. Das alte Thema – Reisen, neue Ecken kennenlernen, ggf. einen Teil des Weges teilen, sehr schön. Der Weg ist dann aber am Strand zu Ende.

Der Diamond Beach – woher der Name jetzt ist, weiß ich nicht, aber ich find ihn passend – ist per se schon spannend, einen schwarzen Strand finde ich schlicht edel. Begleitet von den kleineren und größeren Eisbergen wird es zu einem wundervollen Ensemble. Hinreißend schön.

Hängt wohl auch immer bissel von den Gezeiten ab, wie viele Eisberge hier auf die Strände gespült werden und den Rest macht wie immer die Sonne. Aber letztlich sind Sonnenstand und Gezeitenfaktor fast egal. Der Ort ist magisch. Kleine Eisberge, große Eisberge, im Hintergrund Gletscher und Lagune, die diesen Strand hier speisen. Ein weiterer Ort, bei dem es schwer fällt, sich fortzureißen.

Besagte Lagune, der Jökulsárlón, begeistert mit den vielen Eisbergen aus dem Breiðamerkurjökull, der beständigen Nachschub produziert. Und gerade im Abendlicht, wenn sich neben den Küstenseeschwalben noch viele weitere Vögel hier versammeln, entfaltet diese bizarr-schöne Eiswelt noch einmal einen zusätzlichen Charme. Dazu später.

Zuvor allerdings soll ein wenig gewandert werden hinein in den Múlagljúfur Canyon. Hab davon letztes Jahr bei Jans und IggSters Island-Tripp ein Bild gesehen und umgehend auf meine Liste gesetzt. Zuvor allerdings war Recherche angesagt, ich hatte jetzt nicht den Eindruck, dass ich da noch sachdienliche Hinweise von den beiden erhalte. Bissel kindisch, aber egal. Also machte ich mich selber auf die Suche, verglich Karten und Bilder usw. und wurde schließlich fündig. Jede Sekunde der Recherche war es wert. Ein grandioser Ort.

Durch Farne, Moose und Sträucher geht es langsam bergan, links der Blick zum Gletscher, der den Blick aufzieht zum Atlantik. Die Aussicht steigert sich quasi Meter für Meter, wenn der Blick auf den Atlantik noch klarer wird, wenn sich der mäandernde Bach noch eindrücklicher ins Bild schiebt und zusammen mit den vom Gletscher abfließenden Bächen ein Delta erschaffen, welches hier vlt. recht klein erscheinen mag, aber einfach zeigt, wie viele Sedimente gerade in diesem Delta abgelagert werden, Sedimente, vor Jahrtausenden im Innern der Erde geformt, und nun dazu bestimmt, neues Land zu schaffen.

Ich weiß, ich wiederhole mich, aber es ist ja nun mal so: Sandur (Sand) ist ein Wort, welches die Welt letztlich Island verdankt. Hier kann man ein bissel sehen und nachvollziehen, was es in Island bedeuten kann. Die vor dem Atlantik sichtbare Landmasse ist nicht originär vulkanischen Ursprungs, das ist Landmasse, die im Laufe der Jahrtausende entstanden ist durch genau solche Sedimente. Sedimente, im Laufe der Zeit verdichtet zur Landmasse, über die heute ein Teil der Ringstraße laufen kann.

Und es geht weiter, immer weiter, rechter Hand immer der Canyon, der sich immer klarer herausschält. Atemberaubend. Vorläufiger Höhepunkt ist der Wasserfall. Aber es geht ja noch weiter und am Ende öffnet die Wanderung den Blick auf einen atemberaubenden Canyon, der gespeist wird von zwei Wasserfällen und um das Panorama perfekt zu machen ist in der Ferne noch ein dritter kleiner Wasserfall. Grandiose Wanderung.

Der Blick aufs Wetter für den nächsten Tag verheißt immer noch nicht viel gute Nachrichten für die Gegend um Höfn. Eine Regenwand, die im Verlaufe des heutigen Tages aufgezogen ist, gedenkt nicht, abzuziehen. Im Hochland wird Schnee erwartet. Im Juli. Ein bissel improvisieren, denn Wandern im Regen ist ja so toll auch nicht.

Knapp drei Stunden Fahrt bis nach Vík í Mýrdal und das Kap Dyrhólaey. Das spektakuläre Kap, vor ca. 80.000 Jahren erst entstanden und vor 13 Jahren das erste Mal gesehen. Der Weg hoch zum Kap ist mittlerweile asphaltiert. Was oben sofort ins Herz geht ist die ungebrochene und aufs Neue befeuerte Liebe zu diesem hinreißend schönen Kap. Was ebenfalls sofort auffällt ist der unfassbare Wind, gegen den man sich schon ganz gut stemmen muss.

Das sorgt für einige sehr schöne und kuriose Szenen und Bilder. Also jetzt nicht bei den Touristen, die sind mir ja bekanntlich egal. Die Steilküste ist Heimat für viele viele Lundis und die können zwar recht fix fliegen, ich sagte es schon, aber Landekünstler sind sie nun wahrlich nicht. Wobei ich bei so ner Steilküste auch meine Probleme hätte, aber das nur am Rande. Und so spielen sich schier herzzerreißende Szenen ab, wenn die Lundis ihren Nachwuchs anfliegen wollen, aber mit dem unfassbaren Wind kämpfen müssen, sich fast überschlagen und mehrfach zur Landung ansetzen und dabei so traurig, ja fast verzweifelt schauen.

Zumindest sieht es so aus, so sind diese possierlichen Tierchen eben gezeichnet und ihre tapsige Art unterstützt diese Interpretation, ob aber die Lundis in den Kategorien traurig und verzweifelt empfinden können? Aber wenn es ihnen einer zutraut, dann mindestens ich.

Dabei gerät fast, aber eben nur fast, das Kap mit dieser unfassbaren Panoramasicht in den Hintergrund. Und das bei diesem Licht. Einer der zehn schönsten Sandstrände der Welt? Definitiv! Fotogene versteinerte Trolle? Definitiv! Die hier sind beim Versuch, ein Schiff an Land zu ziehen, versteinert, haben genauso wenig das Tageslicht beachtet wie Risin og Kellingin auf den Färöern.

Achten ist ein gutes Stichwort. Geachtet habe ich dann irgendwann nicht auf mein Portemonnaie. Als ich es brauche, ist es nicht da. Irritation macht sich breit. War es in der Seitentasche der Hose, die ich bis jetzt immer getragen habe und so auch heute? War es das schon heut morgen? Habe ich diese blöde Seitentasche während der Fahrt heute überhaupt angefasst? Warum sollte ich eigentlich? Könnte es herausgefallen sein, als ich beim Fotografieren in die Hocke? Irgendwie alles unbefriedigend und natürlich findet sich hier oben nix.

Die Motivation, Reynisfjara Beach zu besuchen ist so natürlich nicht gestiegen, wir fahren weiter. Aber die Kirche von Vík, die so fotogen vor den Reynisdrangar-Steinsäulen liegt, muss denn doch sein.

Mittlerweile bin ich – abgesehen von einer Restnervosität – recht ruhig, denn ich bin mir inzwischen fast sicher, dass ich das blöde Portemonnaie schlicht vergessen habe in der Unterkunft. Wir halten u.a. am Jökulsárlón und lassen uns diese Abendstimmung mit offenem Licht und einer irre aktiven Vogelwelt nicht entgehen. Hat sich also definitiv gelohnt, nochmal herzukommen. Dass war ja eine Hoffnung gegenüber dem Vortag.

Das Portemonnaie am gegenüberliegenden Strand zwischen irgendwelchen Eisbergen zu finden, ist recht aussichtslos, schwarzes Leder auf schwarzem Grund ist aber auch nicht leicht zu identifizieren. Es ist nicht zu finden und natürlich liegt das verdammte Portemonnaie, welches uns den halben Tag versaut hat, auf diesem verdammten kleinen Stuhl vor dem Bett wo ich es am Abend vorher abgelegt habe. Ich könnte kotzen gleichermassen wie wir glücklich sind. Das Portemonaie ist da, der Tag gerettet, kein weiterer Stress mit Karten sperren usw., die Fotos des Tages können mit Genuss angeschaut werden.

Nicht weit vom Apartment entfernt ist die Landzunge Ósland, die einigen Vögeln eine Brutheimat gibt, einen Platz, um die Jungen ruhig und geschützt großzuziehen. Aber es ist jetzt, Ende Juli/Anfang August auch schon wieder etwas ruhiger hier, viele Vögel scheinen weitergezogen. Dennoch noch bissel was los hier. Coole Ecke. Vielleicht wären da sogar noch mehr Vögel aufgetaucht, wenn man sich noch mehr Zeit und Ruhe genommen hätte, ein wenig gewartet hätte? Wahrscheinlich.

Und endlich hat das Warten auf besseres Wetter in und um Höfn ein Ende. Bestes Wetter für die Landzunge Stokksnes mit dem markanten, ja ikonischen Vestrahorn. Auf geht’s. Das weitläufige Areal hat ne Menge zu bieten, eine schicke 2-h-Wanderung ergibt sich. Der schwarze Strand, das Vestrahorn zur linken, der blaue, mit hübschen Wölkchen verzierte Himmel, die gigantische Dünenlandschaft mit den Gräsern hier und da und die riesige Lagune. Episch. Grandiose Ecke, grandiose Landschaft, grandioses Fotomotiv.

Robben sollen hier auch öfter zu sehen sein, heute leider nicht. Dafür aber das Wikingerdorf, was hier mal erbaut wurde für einen Film. Wurde aber nie umgesetzt und so verfällt die Holzsiedlung langsam vor sich hin, die Gebäude dürfen sämtlich nicht betreten werden aus Sicherheitsgründen.

Der Rest des Tages ist dem Vatna vorbehalten bzw. den Gletschern hier in der Ecke. Drei hab ich rausgesucht, um nach Möglichkeit ganz nahe heran zu kommen. Bei einem wird es schon passen, da bin ich mir sicher. Man kann ja ganz viel planen mit Karten und Komoot und was weiß ich nicht alles und ich hab im Vorfeld schon geschaut, was gehen könnte, logisch. Aber ein Rest Spontanität darf ja denn doch bleiben. Es ist so oder so eine recht coole Tour entlang des Vatnas. Wobei es schlicht nicht möglich ist, die Dimension des Gletschers wirklich zu erfassen, also nicht für mich. Aber wie auch, er hat die Größe des Saarlandes und dementsprechend sind immer nur kleine, ganz kleine Abschnitte zu sehen beim Vorbeifahren oder Hinwandern. Dennoch – die Abschnitte sind immer noch gigantisch genug. Denn es sind diverse Gletscherzungen, die vom Vatna fließen und – selbst im Zeitalter der Klimaerwärmung – sind sie immer noch so groß, dass es zum guten Foto das Weitwinkelobjektiv braucht.

An den Kverkfjöll heranzukommen gelingt nicht, an den Fláajökull lässt sich aber ganz gut herankommen. An ein paar km Buckelpiste schließt sich eine kleine feine Wanderung an. Eine Wanderung zunächst entlang des kleinen Zeltplatzes durch das kleine Wäldchen bis hin zur Brücke, die hier im Sommer recht unspektakulär da ist, aber mindestens im Frühjahr zur Schneeschmelze ordentliche Wassermassen zu sehen bekommen dürfte. Das Flussbett jedenfalls ist entsprechend breit.

Von da aus geht es durch hügeliges Gelände und irgendwann liegen Gletscher und Lagune da. Ein wunderschönes Panorama. Bald wird das noch nähere Herankommen immer schwieriger, der Weg besteht fast nur noch aus Geröll, der Zoom muss dann herhalten, denn durch einen unbedachten Schritt im Lagunenwasser zu landen ist jetzt keine so geile Vorstellung.

So oder so ist es eine faszinierende Wanderung am Rande des Vatnas, was die Tage in und um Höfn würdig abrundet.

Denn am nächsten Tag geht es noch weiter in den Osten in die Ostfjorde. Und während der Hinweg von Egilstadir nach Höfn so bissel quer durchs Land ging, geht es nun konsequent die Ringstraße entlang. Einfach die Fjorde soweit wie möglich ausfahren. Erster größerer Zwischenstopp ist Djúpivogur. Hier das ähnliche Bild wie auf Ósland, die großen Vogelmassen sind wohl nicht mehr da. Glaube ich jedenfalls, aber ich bin kein Orni und hab jetzt auch nicht haarklein recherchiert, wann und wie lange hier Vögel sein könnten, bestimmt ist mit Geduld hier noch viel mehr rauszuholen. Andererseits sind noch einige Kilometer zu fahren.

Highlight dieser Transferetappe von Höfn nach Egilstadir ist dann aber ganz klar der Mjóifjörður. Der Weg dahin lässt zwischendrin schon arg zweifeln, aber die Berge links und rechts sind der absolute Hammer, schroff und hoch und magisch und immer fließt irgendwo Wasser aus den Bergen. Es ist einfach atemberaubend hier langzufahren, da ist es relativ egal, dass die Piste nicht ganz angenehm zu fahren ist. Was irgendwann, wenn man sich dran gewöhnt hat, aber auch egal und eher lustig ist. Zumal ja noch Highlights warten. Bisher ist sozusagen die Piste der Star, nun ändern sich die Perspektiven und sie ändern sich auf dramatisch-schöne Weise. Der Blick auf diesen unberührten Fjord ist trotz des Regens so unfassbar schön.

Und auch das Reinfahren in den Fjord wird belohnt, das Wrack der WWII US Navy LCM ist sehr fotogen und natürlich ist der Klifbrekkufossar, der in sieben Kaskaden herabfällt, auch ein geiles Teil. Live definitiv besser als das Foto. Kleine Überraschung ist der Prestagilfoss links weg. Spektakulär aufgrund ihrer Breite z.B. sind durchaus andere Wasserfälle. Der hier beindruckt mit Höhe und ist der vierthöchste in Island.

Die Piste bleibt natürlich grenzwertig, bis zum Wrack soll reichen, besser wird der Weg nicht. Vielleicht mal mit nem Geländewagen rein? Dann aber hoffentlich bei etwas bessern Wetter. Andererseits unterstreicht das Wetter die Dramatik des Fjordes ganz schick.

Noch ein Stück weiter ist dann die zweite Unterkunft erreicht in Fellabær bei Egilstadir. Das Vinland-Cottage ist top.

Bestens gelegen, um Tags drauf zum Stuðlagil Canyon zu fahren, schwer beeindruckend das Teil. Es ist mal ein Beispiel, beim dem sich der menschliche Eingriff in die Natur positiv ausgewirkt hat, ist ja in der Regel nicht so. Durch ein Staudammbau vor ein paar Jahren hat der Jökla nicht nur viele seiner Zuflüsse, sondern auch Volumen und Höhe verloren, was die geradezu unglaublichen Basaltformationen erst freigelegt hat. Wunderschön anzuschauen aus luftiger Höhe. Paar Wanderwege gibt es, ich bin mit einigem Respekt unterwegs, durch den Regen ist es schon bissel aufgeweicht hier und im Jökla will ich jetzt nicht landen, er mag zwar an Höhe verloren haben, aber Kraft und Fließgeschwindigkeit sind nach wie vor beachtlich.

Halbe Stunde flussaufwärts sind dann keine Basaltsäulen mehr, fotogen sind der türkis- bis smaragdgrüne Fluss hier allerdings immer noch, abgerundet durch die fotogene Brücke. Mein Vertrauen in die Tragfähigkeit hält sich indes ins Grenzen, aber man muss ja nicht drüber, fotografieren reicht ja.

Seydisfjördur bezeichnet Ort und Fjord gleichermaßen. Und da beides bei der Ankunft mit der Norröna zu kurz gekommen ist, ist klar, was noch fehlt. Die Strecke bietet ne ganze Menge, angefangen mit dem Panoramablick über Egilstadir und den Lagarfljót, der gleichermaßen Fluss wie See ist. Über Serpentinen erreichen wir Heiðarvatn und den Pass. Auch im Juli/August liegt hier oben noch Schnee. Langgezogene Kurven schließen sich an, die 93 schwingt sich runter nach Seydisfjördur. Walter Mitty hat ihr ein Denkmal gesetzt, wird mal wieder Zeit, diesen bildgewaltigen und poetischen Film zu schauen.

Entlang der Straße gewaltige Berge, viel Grün und viel Wasser, auch das Wasser der letzten Tage. Kleinere und größere Wasserfälle, fotogene und nicht so fotogene Wasserfälle, schmale und breite Wasserfälle. Unzählige Wasserfälle, die sich zum Fjarðará vereinigen und am unteren Flußlauf den Seydisfördur beständig mit Wasser und Sedimenten versorgen. Der ewige Kreislauf. Der Kreislauf, der im Laufe der Jahrtausende den Fjord geschaffen hat und ihn weiter und weiter verändert. Beständig, ruhig, unaufhaltsam.

Das 685-EW-Städtchen wird übermorgen noch einmal eine Rolle spielen wenn hier die Norröna an- und ablegt. Heuer ist die Regenbogenkirche interessant. Seit 1920 steht sie hier am Platze, ist aber eigentlich deutlich älter und hat dementsprechend auch eine recht wechselvolle Geschichte hinter sich. Scheint aber i-wie nicht mehr genutzt zu werden oder zumindest nicht rege. Wenn man vom Nutzen als schickes Fotomotiv mal absieht.

Beim leckeren Mango Pale Ale muss ein letztes Mal die Wetter-App Auskunft über das Programm geben. Das Wetter, das darf an dieser Stelle mal gesagt werden, ist selbst für Islandverhältnisse eher schlecht in diesem Sommer, wohl so schlecht wie seit 50 Jahren nicht. Während sich über dem Festlandeuropa ein Hoch festgekrallt hat und für anhaltende Hitzerekorde sorgt, kommt das Tief über dem Atlantik i-wie nicht so richtig von der Stelle. Wohin auch, bewegt sich ja nix. Klimawandel zum Anfassen sozusagen. Während sich Hochs und Tiefs früher mehr oder weniger abgewechselt haben, verharren die Luftströmungen zumindest in diesem Sommer wochenlang an mehr oder weniger der gleichen Stelle, der Golfstrom verliert an Wirkung, die Zeit des Wandels ist sicht- und spürbar. Schneefall im isländischen Hochland im Juli/August, krass.

Allerdings muss man auch sagen, dass es weit dramatischer klingt als es dann jeweils vor Ort war, auch wenn sich die Planungen ab und an etwas ans Wetter anpassen mussten. So richtigen Dauerregen hatten wir denn doch nur Nachts und da ist es ja in der Regel egal. Aber ich hab von Reisenden gelesen, die hatten 14 Tage Dauerregen dieses Jahr.

Wir sind in Egilstadir so irgendwie am Rande einer Regenzone, die das Regenradar für den näxten Tag anzeigt. Wetterlagen können sich ändern und ne Garantie ist das Radar auch nicht nicht, schon klar, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es im lose anvisierten Raufarhöfn und der Ecke drumrum arg nass werden wird, ist schon recht groß. Bei drei Stunden Fahrt bis dorthin jetzt nich so ganz prickelnd.

Aber es gibt ja noch Borgarfjordur und die Lundis, die uns so nett begrüßt haben am ersten Island-Tag. Dann können wir uns ja von ihnen verabschieden quasi. Bevor sie dann selber wieder auf Reisen gehen, die jungen Lundis sind ja inzwischen flügge. Es ist die beste Entscheidung, von Regen nix zu sehen, ab und an scheint sogar die Sonne.

Und wieder vergehen Stunden zusammen mit diesen possierlichen Vögelchen und wieder knalle ich die Speicherkarte gnadenlos voll. Und je länger ich ihnen zuschaue desto mehr meine ich, jeweilige Charaktere erkennen zu können. Was für faszinierende Posen: neugierig, stolz, verärgert, erstaunt, selbst fragend können sie schauen. Interpretationen? Türlich. Vogelrealität? Wahrscheinlich nicht. Aber mal ehrlich, das ist völlig egal. Es ist so unfassbar schön hier, da sind solche Überlegungen nebensächlich und eigentlich nur Spielerei. Wenn auch schöne Spielerei:-)

Zum Thema Fischfang bei den Lundis noch ein Wort: es gibt ja die Bilder, auf denen sie mit einer Handvoll Sandaalen im Schnabel stehen oder fliegen. Die sie in der Regel nicht mit einmal Tauchen zu schnappen, da müssen sie schon öfter ran. Die bereits geschnappten Fische drücken die Lundis mit ihrer Zunge nach oben an das untere Teil des oberen Schnabels und fixieren sie zwischen ihrer Zunge und mit kleinen Stacheln. So kann weiter gejagt werden, ohne dass etwas von der Beute verloren geht. Äußerst clever.

Es gibt so Orte, die kann man wieder und wieder besuchen, Borgarfördur Eystri gehört spätestens, also allerspätestens seit heute definitiv dazu.

Entlang des Lagarfljót bei Egilstadir ließen sich noch der Hengifoss und Litlanesfoss erwandern, aber erstens fängt es gerade ordentlich an zu regnen und zweitens ist die Wahrscheinlichkeit, dass es einfach zu lange dauern würde, einfach zu hoch. Das Information Centre, der Wasserfall ohne Namen und der vorsichtige Regenbrachvogel sind informativ und fotogen und rauben vor allem nicht so viel Zeit. Zeit, die noch dringend benötigt wird zum Einkaufen von Skyr und Lakriskullurs. Jetzt mag man meinen, dass wir in Deutschland ja auch Skyr haben, was sicherlich richtig, aber eben nicht vergleichbar ist.

Und schon ist der 04.08. da und damit der Tag, an dem es zurück auf die Norröna geht. Um 10:30 startet sie, nochmal der Blick auf den schönen Fjord, aber bald sind eben wieder paar Stunden auf dem Atlantik angesagt. Aber es gibt ja Möglichkeiten auf dem Schiff, so schnell muss einem hier nicht langweilig werden, auch wenn die Uhr hier nicht so hektisch tickt. Entschleunigung ohne Auto und Verkehr, ohne Internet und Mails, aber mit Büchern und Fotos, mit frischer Luft und Bewegung. Oder man hängt einfach auf dem Sonnendeck ab und schaut der Norröna beim Gleiten über die Wellen zu. Die sind übrigens auch ganz entspannt, waren bei der Hinfahrt noch bissel aufgeregter, das hat dann etwas mehr geschaukelt.

Mitten in der Nacht kurzer Stop in Torshavn, am nächsten Tag gleiten die Shetlands vorbei. Bis 2009 übrigens hat die Norröna die Shetlands, Bergen und Schottland angesteuertes .

Am 06.08. um 12:30 ist Hirtshals wieder da und erstaunlich fix sind die Autos auch runter. 800 km bis Magdeburg/Braunschweig, der nächste Tag wartet mit meinem ersten Heimspiel der Saison und ich bin mit Rocky verabredet. Stadionshuttle. Aber das ist das erste Nach-Norröna-Färöer-Island-Kapitel.

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