ISLAND – Juli/August : 2021

Der zweite Corona-Sommerurlaub ist für Island reserviert, nachdem es letztes Jahr nicht ging. Snæfellsnes und der Norden stehen diesmal an. Wir sind zu zweit, die Ma und ich. Bestens.

BER gibt es also wirklich und zunächst läuft auch alles ganz geschmeidig. Bis zum Einchecken. Die Schlange wird irgendwie nicht kürzer, alles geht sehr zäh voran. Locker drei Stunden vor Abflug da, am Ende wird’s doch eng. Der Flieger hebt mit einer Stunde Verspätung ab. Da sitze ich bereits eine Stunde auf meinem Platz und kann wieder einmal froh sein, dass ich im Flugzeug schnell und bestens schlafen kann.

Dafür geht nach Ankunft alles unkompliziert und fix, der Mietwagen wird gestartet und gleich mal Richtung Fagradalsfjall gesteuert, um die Lage zu checken, ich bin viel zu aufgeregt, muss erst mal sehen, was wie vor Ort los ist. Im März tat sich nach wochenlangen Erdbeben eine Spalte auf, aus der nun mehr oder weniger beständig Lava sprudelt. Am Ankunftstag (26. Juli) hat der Vulkan eine Pause eingelegt, das ist sehr okay, so kommen wir gar nicht auf die Idee, da noch loswandern zu wollen, wollen ja auch erstmal ankommen in Reykjavik.

Die Wohnung ist mitten in Reykjavik, drei Minuten Fußweg zur Hallgrímskirkja, wo dann auch der Wagen geparkt wird, an der Kirche kostenfrei. Anschließend noch ein kleiner Spaziergang zur Hafenpromenade, auch die keine fünf Minuten entfernt. Der Tag ist recht früh zu Ende.

Dafür startet der nächste Tag umso früher. Recht ungewöhnlich für mich, um 6:00 Uhr putzmunter zu sein, das passiert mir so gut wie nie. War es die Sonne? War es die Unruhe, die Vorfreude auf den Vulkan? Wer weiß und auch egal. Entscheidend hingegen ist, dass wir genau deswegen einfach wirklich früh aufbrechen können gen Geldingardalur, wo der Fagradalsfjall zu finden ist. Die Rauchsäule begleitet die ganze Fahrt. Die Spannung steigt, die Vorfreude steigt. Mir kommt es vor, als ob wir ewig fahren zum Vulkan. Dabei sind es nur 40 km. Aber ich bin halt so sehr aufgeregt. Bei bestem Wetter, das macht mich noch hibbeliger.

Der Wagen wird abgeparkt und schon beginnt ein Abenteuer, was emotional nur ganz schwer zu beschreiben ist. Es ist so real und doch unfassbar und von der Dimension und Bedeutung her einfach so krass. Ein neues Stück Land, ein neues Stück Erde entsteht und es entsteht live vor unseren Augen. Wir können dabei zusehen, es riechen, quasi schmecken, es hören, es sehen.

Unfassbar aber real, denn zunächst ist es eher eine unspektakuläre Wanderung zum Fagradalsfjall. Die aber bringt uns zu den Lava-Zungen, die sich hier in den letzten Wochen in die Landschaft gefräst haben. Schwarzverkrustet liegen sie da, brüchig sind sie und nicht wirklich einladend, darauf irgendwie rumzuturnen. Die Lava unter der Kruste hat noch eine beträchtliche Temperatur, über dem Lavafeld flimmert die Luft. Vor allem aber riecht es schweflig-verbrannt. Ein einzigartiger Ort.

Schwer beeindruckend der Auftakt, schwer dann der weitere Weg. Ziemlich steil wird es im Zwischenteil, ziemlich steil bei gleichzeitig recht losem Untergrund. Das ist zwischendrin wenig angenehm, aber wir schaffen es. Das wilde Brodeln, das wilde Rauschen treibt uns voran. Und dann sehen wir endlich, was sich schon weit vorher angekündigt hat. Der Vulkan zeigt sich bei bestem Wetter von seiner aktiven Seite. Er beherrscht die Szenerie, hat der Landschaft hier in Teilen eine neue Textur gegeben und er macht dies immer noch. Weithin sichtbar, anziehend, magisch. Ein Traum geht in Erfüllung. Der Erde beim Entstehen, beim Werden, bei der Veränderung live zuzuschauen ist der Kick des Tages.

Dass die Insel ein geologischer Teenager ist, lässt sich ja immer wieder sehen, dass hier beständige Veränderung ist, lässt sich ja auch an Thingvellir paar Kilometer entfernt beobachten und spüren. Das hier aber ist noch einmal eine weitere Dimension. Eine berauschende Dimension.

Und dann legt der Fagradalsfjall plötzlich wieder eine Pause ein, schade für die Leute, die gerade jetzt erst angekommen sind und sich den Berg hochquälen. So früh wie wir waren die wenigsten da und auch wir hatten ursprünglich ja auch nicht wirklich vor, sooo früh loszufahren, was ein Glück.

Zurück in Reykjavik ist das nächste Ziel Perlan. Das Ausstellungszentrum, Restaurant, Kaffee und markanter Aussichtspunkt ist immer einen Besuch wert, der Blick über Stadt und Bucht sind einfach klasse, die Ausstellung Wonders of Iceland weiß ebenfalls zu überzeugen. Mit Blick auf den Stadtflughafen kommen positive Erinnerungen an den Flug nach Ilulissat vor sechs Jahren auf.

Später dann noch in die Hallgrímskirkja, wohltuend schlicht ihr Inneres. Irgendwie – so klar muss man das sagen – zählt dies aber nicht so wirklich, zumindest nicht für Touristen. Die wollen hoch auf den Turm und die Aussicht genießen. Und natürlich ist der Vorplatz ein Magnet, der Vorplatz mit dem Leif Eriksson Denkmal. Kolumbus wird zwar als der Entdecker Amerikas gefeiert, tatsächlich aber war es Eriksson.

An der eigenwilligen Architektur scheiden sich die Geister, ich finde cool, wie die Betonpfeiler an Basaltsäulen erinnern und wie das weiß-grau mit den Gletscherfarben spielt. Benannt nach Hallgrímur Pétursson, einem isländischen Kirchenlieddichter. Kirchturm ist fertiggestellt 1978.

Zu sehen von den verschiedensten Punkten Reykjaviks, u.a. vom Skólavörðustígur. Reykjavik ist innovativ, Reykjavik ist bunt. Und dann hat Reykjavik neben ein paar richtig interessanten Skulpturen (Sólfar – Sonnenfahrt) auch noch Harpa, das 2011 eröffnete Konzert- und Veranstaltungszentrum. Fürs letzte Jahr hatte ich Konzertkarten besorgt, das hätte bestens gepasst zum Auftakt des Urlaubs. Und da hatte ich auch richtig Bock drauf, auf ein schickes Konzert in diesem Haus mit dieser außergewöhnlichen Architektur. Aber da ist ja C. dazwischengegrätscht. Heuer ist das Programm noch nicht so richtig angelaufen, im Juli ist nix zu machen. Im November läuft La Traviata, das wär schon schick, aber da ist der Urlaub ja schon vorbei…

Und damit ist der Urlaubsstart in und um Reykjavik auch schon wieder zu Ende. Es soll noch deutlich weiter in den Norden gehen, zunächst in den Westen nach Grundarfjörður auf Snæfellsnes. Aber nicht ohne Þingvellir mit der Silfra-Spalte.

Þingvellir ist auch so eine Region, wo so viele Themen zusammenfließen. Historische Stätte des Parlamentes, Ort der Staatsgründung

Althing, das Parlament Islands vom 10. bis zum 18. Jahrhundert, wurde hier abgehalten, Reitpfade aus allen Teilen des Landes liefen hier zusammen. Rechtsprechung und Gesetzgebung waren die Themen eines der ältesten Parlamente der Welt. 1798 lösten die Dänen das Althing auf, am 17. Juni 1944 wurde hier die Republik Island ausgerufen.

Vor allem aber ist es hier geologisch äußerst spannend, weil eben hier die beiden Kontinentalplatten auseinanderdriften. Die Platten arbeiten sich aneinander ab und lassen eine von kleineren und größeren Rissen und Spalten zerfurchte Gegend entstehen, schwer faszinierend.

Eine dieser Spalten ist die Silfra-Spalte. Zwei Mal habe ich den Gedanken nur bewegt, heuer wird es endlich umgesetzt. Es geht zum Schnorcheln genau dort hin. Ich will endlich in diesem klaren Wasser tauchen, etwas mitnehmen von dieser Atmosphäre zwischen den Kontinentalplatten, ein paar Fotos mitnehmen aus diesem Bereich, den die Erde vor gar nicht allzu langer Zeit in die Kruste gerissen und dann mit Gletscherwasser vom Langjökull hat volllaufen lassen.

Es werden 30 Minuten, die wie im Fluge vergehen, ein gigantisches Gefühl und ein unfassbarer Anblick. Und da wir die erste Tagesgruppe sind, ist das klare Wasser, in dem man meterweit sehen kann, besonders klar. Es sind ca. 2 Grad und ich spüre nichts von der Kälte, ich bin voller Adrenalin. Es ist wie ein Rausch, wie ein rauschhafter Film.

Natürlich, wenn man genau hinschaut, ist dieses zwischen-den-Kontinentalplatten-tauchen auch ein bissel Folklore, die Platten sind an dieser Stelle deutlich weiter auseinander. Aber ganz ehrlich, es ist heute so völlig egal.

Grundarfjörður auf der Halbinsel Snæfellsnes wartet als nächste Unterkunft für vier Tage. Was ist alles zu lesen über Snæfellsnes: wer einmal hier war kommt immer wieder hierher, Island in Miniatur ist es, weil auf kleinster Fläche alle Reize der großen Insel versammelt sind. Und natürlich der Mythos schlechthin, die Reise zum Mittelpunkt der Erde, die der unvergessene Jules Verne auf dem Snæfellsjökull beginnen lässt.

Und was soll ich sagen, irgendwie geht mir das alles durch den Kopf als wir auf dem Weg sind. Es stimmt und beschreibt Snæfellsnes denn doch nur irgendwie, auf keinen Fall aber hinreichend.

Die Kirchen Hellnar, Búðir und Ingjaldshóll sind willkommene Zwischenhalte. Und recht fotogen sind sie auch noch. Und auch der Snæfellsjökull zeigt sich diesmal recht fotogen. Links der Atlantik, rechts der Snæfellsjökull, so lässt sich fahren.

Die Unterkunft im alten Kapitänshaus begeistert spontan, Frühstück auf der kleinen Terrasse am Meer, was will man mehr. Zum Abend Fish and Chips in einem kleinen Bistro.

Grundarfjörður ist ein Traum, gestern schon klar geworden bei der Anreise. Heute ist Zeit, den Traum zu vertiefen, es ist Zeit für Grundarfjörður und den Kirkjufell. Wir teilen uns auf für den ersten Teil des Tages, der Kirkjufell soll erwandert werden. Der Kirkjufell fordert ziemlich schnell und ziemlich knackig, aber der Blick über diese unfassbar schöne Landschaft entschädigt für jeden Höhenmeter. Schade nur, dass es bedeckt ist.

Gerade als ich fürs erste beschließe, den weiteren Weg nach oben nicht fortzusetzen, sondern einfach den Blick über die Bucht, über die Gegend, über das pittoreske Grundarfjörður zu genießen, fängt der Himmel an, aufzureißen und diese Gegend in einer Form zu illuminieren, dass ich hier oben nur sitzen bleiben und staunen kann. Ich staune lange, ich staune gerne, es ist ein magischer Ort hier oben, es ist ein magischer Berg, es ist die absolut magische Gegend. Es gibt keinen schöneren Platz auf der Welt.

Unsere abendliche Puffin-Tour wird das bestätigen. Ein kleines Boot für eine große Tour, die Insel Melrakkaey ist in der Regel nicht zu betreten und deswegen fahren wir nur so weit als möglich heran. Für wirklich brauchbare Bilder ist ein guter Zoom notwendig. Zum Glück haben wir den und so wird aus der grandiosen Tour eine überragende, denn natürlich sind die Bilder von den lustigen kleinen Vögeln das Salz in der Suppe. Zusätzlich gibt es weitere Perspektiven auf die Grundarfjörður-Bucht und den Kirkjufell.

Dass die Ecke unglaublich viel Landschaft bereithält, war ja gestern schon zu sehen, egal in welche Richtung. Das Spiel zwischen rauem Atlantik, sanft-schroffen Bergen, bizarrem Vulkangestein, bemoosten Lavafeldern, saftig-gründen Auenlandschaften und kleinen Fjorden begeistert Auge, Ohren und Seele.

Wir haben uns eine kleine Wanderu (komoot) zurechtgelegt. Einige Zeit am Hraunsfjörður entlang, die Gegend ist menschenleer und traumhaft schön. Spannend wird es am kleinen Delta, welches am Fuße des Fjords aufgespannt ist. Sieht von weitem recht easy nach einem sich dahinmäandernden Bachlauf aus, aus der Nähe sind’s dann mehrere Bachläufe, die Wasserfälle in der Ferne sorgen für beständigen Nachschub. Rüberkommen kein wirkliches Problem, sind ja keine reißenden Ströme, nur die Breite ist zu bezwingen. Das Schuhe-aus-Schuhe-an sparen wir uns dann gleich und so geht’s über die insgesamt fünf Arme, ein Paar Schuhe löst sich dabei auf, aber das war eh schon im Herbst der Karriere. Aber die Schuhe hatten zum Abschluss noch ein schickes Abenteuer, ich denke ihr Ende hat ihnen gefallen.

Uns gefällt es auf jeden Fall, für eine Zeit werden wir von den doch recht scheuen, aber immer wieder zu hörenden Strandläufern begleitet. Später, als es in das Vulkan- und Lavagestein hineingeht und sich die Landschaft mal wieder ändert, trollen sich die beiden Begleiter, ich nehme an, die etwas höheren Gräser sagen ihnen mehr zu als das lava-typische Moos.

Die zuvor eher auch liebliche Landschaft hält nun die eher bizarr erkaltete Lava bereit mit Blick auf den Hraunsfjörður, der lange Zeit unseren Blicken entschwunden war und nun anzeigt, dass die letzten zwei Wanderkilometer anstehen. Angesichts der sich langsam komplett in die Einzelteile zerlegenden Wanderschuhe genau der richtige Moment.

Natürlich ist das noch nicht alles für den Tag, näxte Station Bjarnahöfn mit seinem Hai-Museum. Hier gibts es alles, was zum Hákarl wissenswert ist. Mit anschließender Hákarl-Probe. Und Trockenhütte. Hier hängen dann die Stücke vom Grönlandhai und trocknen in der isländischen Seeluft vor sich hin. Spannend.

Abschließend sind wir noch einmal verstärkt am Kirkjufell (hier Wanderung und noch paar Bilder) unterwegs, was einerseits immer so ist, wenn man in Grundarfjörður ist, andererseits natürlich noch gesteigert werden kann, wenn man den Kirkjufellsfjall direkt ansteuert und genau in der Gegend noch die letzten Bilder der Region mitnehmen will. Ich bin gespannt, wann ich das nächste Mal am Fuße dieses einzigartigen, bezaubernden und wunderschönen Berges stehen werde.

Denn es geht weiter, weiter in den Norden nach Akureyri. Hatte ja angedeutet, dass mir der Norden noch so komplett fehlt und nun soll es auch endlich in die Ecke Myvatn, Goðafoss und Dettifoss gehen.

Mit verschiedenen Zwischenstopps, zunächst am Hraunfossar, der auch heuer wieder durch seine eigentlich gar nicht vorhandene Fallhöhe ersteinmal so gar nicht gewaltig wirkt. Aber eben auch ziemlich schnell nicht mehr loslassen will, einen zu bannen vermag durch die vielen vielen kleinen Wasserfällchen, die aus dem Hallmundarhraun heraus eine 700 Meter breite Wand an Wasserfällchen bilden, die den lauten und reißenden Hvítá speisen. Wieder fällt es schwer, sich loszureißen, Ästehtik, Sog und Naturgewalt liegen nahe beieinander.

Und es gibt ja auch noch die Pferde, die Islandpferde, die ich so ästhetisch finde. Auf dem Wege gesehen, ein paar Mal genau deswegen angehalten. Und ich denke, sie haben die Würdigung verdient.

Die Unterkunft in Akureyri ist klein und zweckmäßig, nun denn, wir sind ja eh meistens unterwegs.

Richtung Myvatn: Das Lavafeld Dimmuborgir und der riesige Krater des Hverfjall sind die ersten Punkte auf der Liste. Eine kleine Wanderung zwischen diesem bizarr-faszinierenden Feld mit einem Abstecher zum Hverfjall eröffnet den Tag. Den Hverfjall hoch ist nicht ganz ohne, steil bergan, nur bergan, durch fluffiges vulkanisches Tephra-Gestein. Zwei Schritte vor, ein Schritt zurück. Dafür geht’s dann runter absolut rasant, fast kann ich rutschen.

Äußerst bizarr ist es, das Lavafeld Dimmuborgir (Wanderung zum Hverfjall und zurück) (Dimmuborgir = dunkle Burgen) mit den unterschiedlichsten Formen. Unschwer vorstellbar, dass hier Elfen und Trolle daheim sind. Heute haben sich wie’s scheint eher die Trolle durchgesetzt, das Wetter ist trüb-regnerisch.

Ganz in der Nähe ist der Namafjall. Knapp 500 m hoch ist der Vulkan, an dessen Fuß das Hochthermalgebiet Hverarönd (kleine Wanderung mit weiteren Bildern) liegt, um das es uns geht. Mit den vielen Wasserdampffontänen ist es weithin sichtbar.

An den Solfataren, Schlammtöpfen und Fumarolen kann ich mich kaum sattsehen. Überall dampft, blubbert, zischt es, Wasserdampf tritt aus, Schwefelgeruch liegt in der Luft. Bis ins 19. Jahrhundert wurde hier Schwefel gewonnen und exportiert für die Produktion von Schießpulver.

Gehört alles zum Zentralvulkan Krafla, ein ganzes Vulkansystem mit Kratern, Nebenkratern usw., 100 km lang. Also einen eigenen Punkt wert. Krafla selber wird also warten auf den nächsten Besuch, ein schickes Bild vom Viti als Cliffhanger gibt es aber. Ein Maar, entstanden im 18. Jhdt., entstanden durch Wasserdampfexplosionen, wenn Grundwasser und Magma aufeinandertreffen.

Denn wir entscheiden uns für die leichtere Wanderung zum Abschluss eines nicht gerade kurzen Tages. Die Skútustaðagígar-Pseudokrater im Süden vom Myvatn sind eine Ansammlung von kleineren Kratern, die – der Name deutet es an – nicht auf direkte vulkanische Aktivität zurückgehen, sondern sich ähnlich wie Viti durch Explosionen gebildet haben. Sehr pittoresk und spannend.

Wiki schreibt zu dem Thema:

„Wenn heiße Lava über ein Feuchtgebiet strömt, wobei es sich um Sümpfe, aber auch um Seen oder Teiche handeln kann, verdampft das Wasser schlagartig. Der Dampf durchbricht die Lavadecke in einer phreatomagmatischen Explosion. Dabei wird die Lava, und teilweise auch das Untergrundmaterial, fragmentiert und als Tephra um einen Krater aufgeworfen.

Das entstandene Gebilde gleicht einem echten Vulkankrater, das im Englischen auch die Bezeichnung rootless cone (wurzelloser Kegel) trägt. Es hat sozusagen keine Wurzel, also keine direkte Magmazuleitung aus dem Erdinneren.“

Dettifoss und Goðafoss waren nicht auch noch zu schaffen, also einen Tag später gleich noch einmal in die Myvatn-Region, zunächst mit Wanderung zum Dettifos (mit Selfoss). Der ist dann schon von weitem zu sehen an der Gischt.

Grau und voller Sedimente ist das Wasser, immer breiter wird der Strom – bis zum Dettifoss, der sich auf einer Breite von 100 Metern 44 Meter hinabstürzt mit wilder Kraft, ungezügelter Wucht, gnadenloser Power. 193.000 Liter pro Sekunde sind es.

Statistik für mich, mehr nicht, fassen kann ich es nicht, nicht wirklich. Ein Eimer Wasser mit zehn Litern, eine Badewanne mit zehn Wassereimern, das kann ich mir vorstellen, aber 193.000 Liter? In der Sekunde? Immerhin wird auf den Bildern klar, wie winzig die Menschen im Vgl. zu dieser atemberaubenden Naturgewalt sind.

Weiter geht’s durch diese karge, eher trostlose, ja schon fast abweisende Mondlandschaft. Irgendwann ändert sich die Landschaft, bissel hügeliger wird’s, vor allem aber kommt grün hinzu, wir steuern zu auf Hljóðaklettar – Rauðhólar. Hier waren die Naturgewalten auf eine andere Weise am Wirken. Haben die Ecke geformt zu einem wunderschönen, fantastischen, abwechslungsreichen Stück Landschaft, bei dem sich eine kleine Wanderung geradezu aufdrängt.

Zunächst durch ein kleines Wäldchen. Die Bäume dort deutlich kleiner als die aus dem Harz gewohnten und auch ganz anders gewachsen. Man sieht ihnen an, dass sie ihre Existenz in schweren Kämpfen den Elementen abgerungen haben. Die sich anschließenden Gesteinsformationen sind nicht von dieser Welt. Unfassbar. Unfassbar bizarr. Unfassbar schön. Als ob jemand beim Falten Hand angelegt hat oder die Basaltformationen im Atelier geformt hat. Ich bin immer wieder erstaunt-fasziniert, wie ebenmäßig sich Basalt beim Erkalten formt.

Bei Rauðhólar wieder das fluffige Tephra-Gestein, schwer beeindruckend sind die schillernden Farben.

Den Goðafos (komoot) gibt es dann zum Abschluss. Sehr fotogen liegt er an der Ringstraße und wartet auf seine Besucher. Auch hier die absolute Naturgewalt, man spürt die Kraft am ganzen Körper.

Der Sage nach hat der Priester und Gesetzessprecher Þorgeir Ljósvetningagoði Þorkelsson nach der beschlossenen Übernahme des Christentums als Staatsreligion um 1.000 n. Chr. die letzten heidnischen Götterbilder in den Goðafoss geworfen.

Es ist geradezu unglaublich, wie viele Wasserfälle es auf Island gibt, auch viele namenlose. Was mich total begeistert ist neben der Fülle diese gewaltige Formenvielfalt, dieser Einfallsreichtum der Natur. Von eher lieblich bis gewaltig, überwältigend, fast schon brutal überwältigend ist alles dabei.

Ein bisschen in den Norden zieht es uns einen Tag später. Einerseits müssen noch die leckeren Lakkrískúlurs für daheim eingekauft werden, andererseits will ich noch einen guten Vorrat an Skyr mitnehmen. Vom Isey-Skyr, der einfach deutlich besser ist als jeder Skyr von Arla oder sonstwem.

Erledigt wird es in Ólafsfjörður bevor wir durch den relativ neuen Tunnel in den Héðinsfjörður fahren. Der ist nun nicht mehr abgeschnitten von der Welt bzw. nur mit dem Schiff zu erreichen, sondern etwas einfacher auch mit dem Auto. Dennoch ist – zum Glück – kein Massentourismus ausgebrochen, gerade mal zwei Autos stehen auf dem kleinen Parkplatz mit der Infotafel. Inkl. unserem. Gute Voraussetzungen für eine kleine Wanderung. Sehr sehr schön hier.

Abends gönnen wir uns ein wenig Folklore oder Kitsch, je nach Betrachtungsweise: Whale watching. Der Eyjafjörður zieht die Wale an und wir haben Glück und bekommen einen Wal zu sehen mit allem, was dazugehört. Mehrfach zeigt er sich. Und dann haben wir sogar noch einen schicken Sonnenuntergang, wir sind bereits im August und da geht die Sonne auch mal für ne Stunde unter.

Unweigerlich neigt sich die Zeit dem Ende zu, ich habe mir noch eine Abschlusswanderung auf den Súlur (1213 m) zurechtgelegt. Die Hoffnung war und ist, oben auf dem Gipfel den majestätischen Blick über Akureyri und den Eyjafjörður zu haben. Wenngleich die Hoffnung nicht allzu groß ist, aber es regnet nicht und das ist doch schon mal gut für den Start. Beständig bergan, knapp 1.000 HM sind zu bewältigen. Durch angenehm abwechslungsreiche Gegend. Hochmoorlandschaften wechseln sich ab mit Blicken auf die benachbarten Berge, zwischendurch frage ich mich immer wieder mal, ob das jetzt so ganz richtig ist, weil die Wolken mich komplett umschließen, aber dann reißen sie doch immer mal wieder auf und beleuchten die Gräser und Moose in einer Weise, wie ich es angesichts des Lichts Augenblicke zuvor nie erwartet hätte. Kurz vor dem Gipfel ist noch ein Schneefeld zu überqueren und dann ist der Súlur – mal wieder – komplett verschwunden. Mittlerweile ist klar – den majestätischen Blick werde ich hier und heute nicht bekommen, die Panoramasicht auf den Eyjafjörður bleibt den Wolken vorbehalten. Aber das ist okay, ich kann damit leben, die Wanderung war auch so geil genug bisher.

Die Ma hat inzwischen Akureyri erkundet, den Botanischen Garten und so treffen wir uns auf einen Kaffee, um anschließend die Abreise vorzubereiten.

Unweigerlich steht er irgendwann an, der letzte ernstzunehmende Tag. Paar Kilometer sind abzuspulen, Akureyri – Keflavik sind gut 550 km. Einen Zwischenstopp legen wir in Glaumbær ein, dem kleinen Museumsdorf aus dem 19. Jhdt. Karg war es, das ländliche Leben, man musste sich arrangieren auf dem Hof.

Ab und an noch ein kleiner Fotostopp, dann Autoabgabe am Flughafen, ultrakurzer Gang durch Keflavik, nochmal lecker essen. Mitten in der Nacht quasi Rückflug, sehr pragmatisch und gut von Isländern gelöst.

Urlaub in Coronazeiten ist nicht ganz einfach, aber hey, wir waren im faszinierendsten aller Länder mit einem bemerkenswert unaufgeregten Umgang mit der Situation und hatten – mal wieder – einen sensationellen Urlaub. Das gibt erstmal wieder Kraft und Energie für die Zeit, in der sich Corona vlt. wieder zurückmeldet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.