Jahreswechselzeit kann auch Reisezeit sein, zumindest ist es das oft genug bei mir. Meist verbunden mit um die Zeit etwas helleren Gegenden, bissel Sonne in der meist etwas sonnenbefreiten Zeit kann ja nicht schaden. SchAppi und mich zieht es nach Ägypten.
Wir reisen über Amman an, letztlich hat sich der Flug von Frankfurt über Amman nach Kairo als der beste herausgestellt. Um 1:00 sind wir da, um 2:00 nach Einchecken im Barceló und einem Absacker im Bett. Irgendwie sind so längere Flüge ja denn doch immer bissel anstrengend, auch wenn man eigentlich den ganzen Tag nur rumsitzt.
Wir starten daher erst um 10:00. Haben uns entschieden, einen Guide zu engagieren, angesichts der aktuell etwas angespannten Lage im Nahen Osten erscheint uns das als kleine Sicherung ganz sinnvoll. Und ohnehin hat Ägypten auch Erfahrungen mit Anschlägen auf Touristen, den Risikopunkt kann man ja im eigenen Sinne reduzieren. Kostet natürlich bissel, aber dafür bringt er dann auch gleich Auto samt Driver mit. Und vor allem keine weitere Reisegruppe – wenn schon dekadent, dann wollen wir die Dekadenz auch für uns allein.
Um 10:00 also holt uns Emad ab, erzählt ein wenig zum Programm und schon starten wir in den Verkehr des 20-Mio-Molochs Kairo. Schnell wird klar: die Stadt ist wild, rau, unübersichtlich, voller Verkehr. Zudem sind Smog und Müll zwei ganz große Themen.
Und die Menschenmassen, leider darunter auch Massen an Touristen. Die bevölkern in Scharen das Ägyptische Museum. Klar, es ist wahnsinnig spannend, wahnsinnig facettenreich, aber eben auch wahnsinnig überfüllt. Eine gute Stunde reicht uns.
Es ist eh klar, dass wir hier nur einen klitzekleinen Ausschnitt sehen können, ein paar Highlights, ein erstes Schlaglicht auf die reiche ägyptische Geschichte. Weit über 50.000 Exponate sind in dem 1902 gegründeten Museum.
Insbesondere die Vorgeschichte finde ich äußerst spannend und erhellend.
Die ägyptische Regierung gründete 1835 den Service des Antiquités de l’Egypte, um die weitere Plünderung archäologischer Schätze sowohl durch einheimische wie auch fremde Schatzsucher zu verhindern. „So entstand die erste, von der ägyptischen Regierung zusammengetragene Sammlung ägyptischer Kunstwerke.“ Die Sammlung fand zuerst ihren Platz in einem kleinen Gebäude im Esbekiah Park in Kairo und wurde später in die Saladin Festung überführt. 1858 eröffnete Auguste Mariette ein neues Museumsgebäude in Bulaq. Als im Jahr 1878 nach einer Überschwemmung des Museums in Bulaq viele Objekte fortgeschwemmt oder gestohlen worden waren, setzte sich Mariette besonders dafür ein, ein großes Museum für ägyptische Monumente zu errichten. […] Die Grundsteinlegung zum neuen Museumskomplex im Stadtteil Midan al-Tahrir (Altstadt) erfolgte am 1. April 1897 […]. Die Bauzeit betrug vier Jahre und acht Monate und der Bau mit 15.000 m² Grundfläche kostete L. E. 240.000. Von Anfang März bis Mitte Juli 1902 wurden die Artefakte von Gizeh über den Nil nach Kairo gebracht. Am 15. November 1902 eröffnete Abbas Hilmi II das Ägyptische Museum. Quelle
Highlight dürfte die Totenmaske von Tutanchamun sein. Die ist in einem eigenen Saal nochmal etwas separiert. Eine Megaschlange davor, es würde unabsehbar dauern, wir wollen lieber raus, kaufen eine Postkarte mit der Totenmaske, die ist auch schick. Zweifelsohne verpassen wir damit ein Highlight, aber es werden noch viele kommen auf der Tour.
Wie z.B. die Pyramiden von Gizeh, zu denen wir fahren. Als eine neue Ausfallstraße gebaut wurde, wurde eine Schneise zwischen das Häusermeer geschlagen, man brauchte ja Platz. Die restlichen Häuser stehen weiterhin einfach so da wie seinerzeit gebaut, an diversen Wänden hängt noch die Tapete. Oder die Treppenhäuser sind zur Hälfte freigelegt. Das Häusermeer wird uns die Tage in Kairo ja begleiten, fassbar ist es irgendwie nicht. Krasseste Häuserschluchten, chaotische Bauweise, kaum sichtbare Struktur. Und kaum Platz. Wie viele Wohnungen mag es geben, die noch nie richtiges Tageslicht gesehen haben? Vielleicht auch ein Grund, warum das Leben hier wortwörtlich rund um die Uhr auf der Straße stattfindet.
Inzwischen steuern wir das Welterbe an. Die Pyramiden von Gizeh. Forschungen und Untersuchungen füllen ganze Bibliotheken. Dokumentationen und Filme dürften die TB-Marke locker übertreffen. Es gibt kaum einen, der nicht irgendetwas zu den Pyramiden sagen kann oder irgendwas mit den Pyramiden assoziiert. Mindestens als Sehnsuchtsort, wie bis heute für uns auch.
Und nun endlich stehen wir davor. Und so fassbar-real so unfassbar ist es irgendwie, das muss auch erstmal ankommen im Gehirn. Es geht gar nicht um eine überbordende Ehrfurcht oder das ehrfürchtig-erstarrte Staunen, es ist einfach so viel Geschichte, die hier zusammenkommt auf einem Areal, welches man auch erstmal so halbwegs erfassen muss von der Größe.
Die Rede ist ja in der Regel von der Pyramide oder den Pyramiden, wie viele hier rumstehen, wie groß das Areal ist, geht in der Regel unter.
Zu viele Fakten sollen es jetzt nicht sein, aber bissel was zur Einordnung vielleicht:
- 234 Pyramiden waren es einmal, längst sind nicht mehr alle erhalten.
- Die bekannteste ist die Cheops-Pyramide
erbaut ca. 2680 v. Chr.
Höhe: 139 Meter
Seitenlänge: 230 Meter
Gefertigt aus circa drei Millionen Granitblöcken mit einem Gewicht von je 2,5 Tonnen
- Direkt daneben ist die minimal kleinere Chephren-Pyramide
erbaut ca. 2550 v. Chr.
Höhe: 136 Meter
An ihrer Spitze lassen sich noch die teilweise erhaltenen Kalksteinplatten erkennen, mit denen in der Antike die ganze Pyramide(n) verkleidet war(en) und die das Sonnenlicht reflektierten und der Pyramide ein strahlendes, glänzendes Äußeres verliehen. Völlig neu für mich.
Es gibt Quellen, die sagen, dass sich an der Spitze der Pyramide ein goldenes sogenanntes Pyramidion oder Kapstein befand, der den Sonnengott Ra symbolisierte. Früher war einfach mehr Lametta.
- Hier gibt es alles zum Thema schön zusammengefasst in einem Video.
Auf ca. 3000 Jahre kam die Hochkultur mit 30 Dynastien und seinen Anfang nahm es ungefähr 3.100 v.Chr. mit der Vereinigung von Unter- und Oberägypten zu einer politischen Einheit um 3100 v.Chr., ungefähr in der Zeit wird auch die Hieroglyphenschrift entwickelt. Ägyptische Geschichte in einem Satz zusammengefasst:-). Pharaonen, Pyramiden, Tempel – es ist aber auch unfassbar viel los hier.
Emad verspricht uns ein Pano der Extraklasse. Wollen wir natürlich. Doch zunächst müssen wir einen Regenschauer über uns ergehen lassen, der es in sich hat. Regen in der Wüste, seit heute können wir aus eigenem Erleben bestätigen, dass es ihn gibt.
Aber da sitzen wir schon auf der Kutsche, die uns zum Panopunkt bringen wird, und irgendwie ist klar, trotz Regenschauer gibt es jetzt kein Zurück. Ist ja dann auch fix vorbei und so können wir unsere Fotos schießen und der Kutscher verdient seinen kleinen Obolus, ist ja irgendwie alles hier ein Riesengeschäft, an dem alle irgendwas mitverdienen möchten. Nicht immer ganz unanstrengend während der Tour, aber irgendwie ging’s denn doch.
Zwei, drei Fotostops gibt es noch, aber das hier ist schon ein Highlight, ganz klar. Nebenbei sieht man, wie weit Kairo in die Wüste hineingewachsen ist und weiter wachsen wird. Die Bevölkerungszahl ist von 1990 mit 6 Mio. EW auf 10 Mio. EW aktuell gewachsen, in der Metropolregion sind es gar 20 Mio. (Ägypten 57 Mio. EW 1990, 111 Mio. EW aktuell).
Zum Abschluss dann noch die Sphinx von ca. 2500 v. Chr. Auch Emad kann uns nicht sagen, warum die Nase nun ab ist. Es bleibt ein Rätsel, auch wenn es verschiedene Theorien gibt. Die bringen uns auch nicht weiter, wir bleiben also bei unserer Lieblingstheorie, dass Obelix dafür verantwortlich ist.
Abends ein Abenteuer der anderen Art: die Suche nach einem Restaurant in der Nähe des Hotels. Unsere Nebenstraße steht teilweise komplett unter Wasser nach dem Regen heut Nachmittag, Straßenkanalisation ist hier nicht vorhanden. Bei drei (!) Regentagen im Jahr sicherlich verzichtbar bzw. die pragmatischste Lösung, schon klar. Hier gerade jetzt aber zu laufen, stellt sich als Herausforderung da. Es ist ein Gemisch aus Regenwasser und Wüstenstaub, der allgegenwärtig ist in der Stadt. Ein Gemisch aus Regen, Sand und Dreck. Ist aber nicht die zentrale Herausforderung des Abends, die stellt in der Tat die Suche nach dem Essen dar. Wir könnten uns in alle Arten der Badkeramik einarbeiten in den Geschäften hier in dem Viertel, aber ein Restaurant suchen wir lange vergeblich.
Immerhin können wir so den Verkehr aus nächster Nähe erleben – dass alles im Fluss bleibt, ist eigentlich ein Wunder. Ein nicht endender Verkehrsfluss mit Tuktuks, Motorrädern, PKWs und VW-Bullis im Stile der Marschrutkas. Und dazwischen immer wieder Pferde- oder Eselskarren, die Sachen von A nach B transportieren. Aber kein Megastau, sondern beständiger Verkehrsfluss.
Irgendwann werden wir fündig und stellen fest, dass die hiesige Küche und wir noch ein paar Tage brauchen werden, um uns aufeinander einzulassen.
Was uns auffällt: es ist mittlerweile stockfinster, aber in den Häusern teilweise kein Licht, d.h. die sind entweder nicht bewohnt, was nicht vorstellbar ist – oder man kann es sich nicht leisten, Licht anzumachen oder man muss einfach lange arbeiten und unterwegs sein, um ein kleines Einkommen zu erwirtschaften, was die wahrscheinlichste Variante ist. Das Leben findet zu großen Teilen auf der Straße statt und auch in der Nacht, das hat ja auch Gründe, die sicherlich nicht nur in der Mentalität und im Klima begründet sind. Drei Tage später, als wir um 4:00 Uhr zum Flughafen fahren, sehen wir dann, dass auch um diese Zeit viele Läden wie selbstverständlich offen sind und die Leute ihren Geschäften nachgehen.
Näxter Punkt ist die Stufenpyramide. Auf dem Weg fahren wir die ganze Zeit entlang eines Kanals. Gestern war Müll auf den Straßen Kairos schon ein Thema, heute sind wir dann mittelschwer entsetzt, was hier so an Müll an den Seiten rumliegt oder teilweise auf dem Kanal schwimmt. Aber mittlerweile werde etwas getan und siehe da, später sehen wir auch Bagger und Schwimmkähne am Kanal, die an einer Verbesserung arbeiten.
Es prallen eben Welten aufeinander hier und es ist leicht, die Nase zu rümpfen über den Müll, der unfassbar stört, keine Frage. Nur dürfen wir halt nicht vergessen, dass wir uns einen Lebensstandard in Deutschland und Europa erarbeitet und erschaffen haben, der halt nicht überall gleichermaßen sein kann, weil unterschiedliche Voraussetzungen. Dass Afrika diesen europäischen und deutschen Lebensstandard ungewollt und ungefragt mitfinanziert hat, wird ja eher weniger diskutiert. Aber das nur am Rande. Dass Kairo mit ca. 10 Mio EW, das Umland dazu sind wir laut unserem Guide bei ca. 20 Mio, nicht mit deutschem Ordnungssinn und deutschen Strukturen beizukommen ist, spielt ja dann auch hinein.
Zurück zu Kairo, fanden wir es gestern zunächst überraschend, in einer solchen Metropole zwischen den vielen vielen Autos immer wieder Eselskarren zu entdecken, die völlig selbstverständlich ihre Sachen von A nach B transportieren, ist es heute in den Randbereichen mehr, aber das ist dann keine Überraschung mehr.
Zurück zum touristischen Programm, das Ziel ist die Stufenpyramide von Djoser, die älteste Pyramide von 2700 v. Chr.
Die Stufenpyramide des altägyptischen Königs Djoser (Djoser-Pyramide, auch Netjerichet-Pyramide) aus der 3. Dynastie des Alten Reiches um 2700 v. Chr ist die älteste, mit einer Höhe von 62,5 Metern die neunthöchste der ägyptischen Pyramiden und eine der wenigen mit einer nichtquadratischen Grundfläche.
Mit diesem Bauwerk begann die erste Phase des Pyramidenbaus in Ägypten und die Monumentalisierung der Königsgräber. Die Stufenpyramide selbst wird vom größten aller Pyramidenkomplexe umschlossen, der eine große Anzahl von zeremoniellen Bauten, Strukturen und Höfen für den Totenkult enthält. Sie gilt nach dem einige hundert Meter westlich der Pyramide gelegenen Gisr el-Mudir als das zweitälteste noch erhaltene, aus behauenen Steinen gemauerte Bauwerk Ägyptens. […] Der Pyramidenkomplex der Djoser-Pyramide ist der größte aller ägyptischen Pyramiden und umfasst circa 15 Hektar. Quelle
Der Komplex ist mächtig und hat Tempel, Galerien, Altäre, Kolonnaden – kurzum alles, was es brauch für einen zünftigen Totenkult.
Wir gewinnen den Eindruck, dass gerade die Pyramide inkl. der Ausgrabungen drumrum unserem Guide sehr am Herzen liegt. Es ist hier anders als bei den Gizeh-Pyramiden, hier sind Gräber, Ausgrabungen, die Pyramide. Und hier sind weniger Menschen.
Faszinierend und schwer beeindruckend die Reliefs in einer Vollkommenheit und Vielfalt, die nur staunen lässt. Nach den Pyramiden von Gizeh wird hier eine weitere Dimension der Ägyptischen Hochkultur deutlich. Hier ein Link zum Thema.
Es wäre noch so weitergegangen, Memphis und die Knickpyramide standen noch auf dem Programm, den Ablauf haben wir aber geändert, weil uns die Altstadt von Kairo deutlich zu kurz gekommen ist. War ein ziemlicher Akt, wahrscheinlich haben die Agenturen und/oder unser Guide schlechte Erfahrungen gemacht mit Änderungen. Wie auch immer, es ließ sich ja arrangieren.
Wir nehmen also noch die Zitadelle und Alabastermoschee mit und die Koptische Kirche, insgesamt hätte uns aber noch etwas mehr Altstadt schon sehr gefallen, da war noch etwas Luft nach oben.
Essen am Nil auf einem der Boote wollten wir, in der Hotelgegend haben wir gestern gesucht und irgendwas gefunden, überzeugt hat es aber nicht, im Hotel werden wir auch noch essen, also heut was anderes. Taxi fährt fast ne Stunde, es sind echt fette Entfernungen hier. Das Saria Boot empfehlen uns Guide und Fahrer. Wir sind so mittel überzeugt. Vom Service, der sehr träge ist, vom Essen, das wir uns geiler vorgestellt haben. Unsere Gaumen und das hiesige Essen haben irgendwie noch keinen gemeinsamen Nenner gefunden.
Um 6:00 Uhr gehts hoch, um 7:00 wollen wir nach Alexandria starten. Aus 7:00 wird 8:00, Smog, Nebel, was weiß ich. Dass ich vollgenervt bin, ist glaub ich klar, ich hätt‘ ne Stunde länger schlafen können!
Ich hole ein Teil des Schlafes nach auf der dreistündigen Fahrt von Kairo nach Alexandria auf dem Wüsten-Highway, viel verpasst habe ich nicht, wie ich auf dem Rückweg feststelle.
Alexandria, welch großer Name. Gründung Alexanders des Großen, neben Rom die größte Stadt der Antike, Leuchtturm Pharos, eines der sieben Weltwunder, die Bibliothek von Alexandria.
Wir steuern die Katakomben an, kurz danach die Pompeiussäule. Beides spannend, beides aber wenig nachhaltig für uns. Spannender an der Pompeiussäule ist eigentlich der Blick in den Hintergrund. Es lebe die pragmatische Beliebigkeit. Uns ist nicht wirklich klar geworden, wie in Kairo und Alexandria gebaut wird und Emad konnte oder wollte da auch nicht sachdienlich helfen.
Wir haben da folgende Vermutung entwickelt: die Häuser, eher die Hülle, die tragende Struktur aus Stahlbeton wird erstmal gebaut und dann schaut man von Stockwerk zu Stockwerk, wie es weitergeht. Baut man das Stockwerk aus, baut man weiter in die Höhe, bleibt die Tragstruktur erstmal so, was auch immer. Wir in Deutschland sind es ja gewohnt, dass alles von unten nach oben hochgezogen und meistens dann auch verkauft wird oder oft schon ist. Ist hier wohl nicht ganz so, wir haben auch ausgebaute dritte, vierte usw. Stockwerke gesehen und unten war bis auf die Infrastruktur wie Fahrstuhl und Treppenhaus nix.
Zurück zu Alexandria: großer Name – große Enttäuschung.
Die angesteuerten Punkte waren okay, aber verzichtbar, der Basar unfassbar. Auch wenn wir sicherlich einen anderen Blick auf Gebäudezustand usw. haben, war das hier schon echt krass. Mir klingen die Worte unseres Guides in den Ohren: „Bitte vergleichen sie Deutschland nicht mit uns. Uns unterscheiden Welten.“ Hier bekommen wir ein Bild dazu geliefert. Gerade der Basar von Alexandria ist schon echt harter Tobak. Zerfallene Häuser, Schuttberge und darin die Handelsstände, vlt. sollten wir den Begriff Basar an dieser Stelle auch nicht überstrapazieren. Krass und mindestens irritierend bleibt‘s dennoch, denn unser Guide hat uns da direkt durchgeleitet und ich frage mich eigentlich noch immer warum. Nun denn. Über den Kaffee vor Antritt der Rückfahrt nach Kairo decken wir höflicherweise den Mantel des Schweigens.
Es bleibt also dieses Bild als Dokument der Tour nach Alexandria, mit der Pompeiussäule im Hintergrund.
An dieser Stelle ein Wort zu den Katzen, die seinerzeit Heiligenstatus in Ägypten erlangten, es gibt etliche Katzen, die eigens mumifiziert und den Gräbern beigelegt wurden, im Ägyptischen Museum gibt es nicht nur eine große Sammlung mumifizierter Pharaonen, sondern auch mumifizierter Katzen und ich denke, allein die Tatsache, dass Katzen mumifiziert worden sind sagt alles über den Stellenwert in einer Gesellschaft, die das Mumifizieren quasi zum Kult erhoben hat.
Abends dann erstmal keine Experimente mehr hinsichtlich des Essens – wir bleiben im Hotel und das ist gut so. Zumal frühes Aufstehen auf dem Programm steht.
Der Flug nach Luxor steht an, um vier müssen wir raus, um den Flieger zu kriegen. Nein, Urlaub im klassischen Sinne ist das hier nicht, war Kairo zwar spannend aber auch anstrengend, kommt nun noch die Komponente mit dem Frühaufstehen hinzu. Verdammt.
Wenig später in Luxor haben wir unseren Guide, mit dem es sofort gen Tal der Könige geht. Auf dem Weg erzählt er so dies und das, vor allem aber sind ihm die Mangos wichtig, die hier in der Region wohl in Hülle und Fülle wachsen. Nun habe ich Ägypten erstens vordergründig nicht mit Mangos in Verbindung gebracht, aber man lernt ja dazu. So ganz viele Mangos haben wir in den Folgetagen dann aber nicht wahrgenommen, auch nicht im Hotel. Es bleibt ein Rätsel.
Wir sind also im Tal der Könige. Und einigermaßen entsetzt über die Massen, die hier durch die Gegend getrieben werden. Unfassbar viele Busse auf den Parkplätzen, unfassbare viele Touristen. Touristisch ist in Ägypten Hochsaison, jetzt können die Touristen die Temperaturen aushalten, jetzt können die Touren angeboten werden. Im Tal der Könige sind heuer 22° Grad, für mich eigentlich schon zu viel, im Sommer hat’s hier 40° Grad, das wäre dann definitiv nicht auszuhalten. Es ist nullkommanull Schatten, extrem helle Steine, die Sonneneinstrahlung wird also feinstens reflektiert. Brutale Sonne.
Beginnend in der 18. Dynastie werden hier Königsgräber in die Felsen getrieben. In der Herrschaftszeit von Thutmosis I. (1493 – 1482 v.Chr.) nimmt dieser Teil des Ägyptischen Totenkults seinen Anfang.
26 Königsgräber sind aktuell entdeckt, insgesamt seien es aber bislang 63 Gräber, es bleibt also weiter ein Ort, den sich die Archäologie, Forschung und der Tourismus i-wie teilen werden.
Ein sicherer Ort als letzte Ruhestätte war es wohl nie, auch wenn es genau die Idee war und genau so sind die Gräber angelegt: tief rein in die Felsen und mit zahlreichen Reliefs ausgestattet. Die Gräber sind faszinierend.
Aber Plünderungen, Diebstähle, Umbettungen gehörten wohl schon im Anfang zum Programm und setzten sich fort. Die Quelle hier finde ich am besten, Wiki hat auch einiges gesammelt.
Weiter zum Tempel der Hatschepsut. Auch hier ist es nervig voll, auch hier ist es sehr sehr schwer, nervigen Menschen aus dem Weg zu gehen. Es gelingt aber und es gelingt, ein paar Fotos von der schwer beindruckenden Tempelanlage zu schießen.
Während der 18. Dynastie übernimmt Hatschepsut die Nachfolge ihres verstorbenen Ehemanns Thutmosis II. für mehr als 20 Jahre, was mindestens in der Nachschau von ihren Nachfolgern versucht worden ist zu tilgen, Frauen waren in dem System zunäxt nicht in Führungspositionen vorgesehen. Is nur nicht, ihr Totentempel steht und wirkt und die Hieroglyphen legen eindeutig Zeugnis ab von ihrer Wirkungszeit. Architektonisches Juwel.
Und letztlich steht sie damit in einer Reihe mit Nofretete und Kleopatra. Und letztlich waren es gar nicht so wenige Frauen, die ihre Spuren in der Ägyptischen Geschichte hinterlassen haben. Nationalgeographic I – Nationalgeographic II – Wiki
Abends stehen wir in unserem Hotel und überlegen, was wir nun mit dem Silvesterabend anfangen. Keiner hat so richtig Bock, aber irgendwie wollen wir den Jahreswechsel ja schon würdigen. Das Hotel bietet einen Silvesterabend an mit Buffett usw., in unseren Augen eigentlich zu teuer, aber so what, raus aus dem schicken Resort würden wir suchen ohne Ende und auch nix finden, weil in muslimischen Ländern Silvester keine Bedeutung hat. Das Silvestermenü im Hotel ist letztlich top, Bedienung und Buffet ebenfalls.
Es fehlen für die Ecke noch der Luxor Tempel und der Karnak Tempel. Beides sehr überzeugend, vor allem können wir uns trotz des anstehenden Rückfluges Zeit nehmen, ich kann mir sogar die Zeit nehmen, um die drei Kilometer zwischen Luxor- und Karnak-Tempel zu Fuß zu laufen. Mit drei Kilometern jetzt nicht die Entfernung, ist aber offensichtlich unüblich. Mehr dazu weiter unten.
Der Luxor-Tempel ist steingewordene Überwältigung. Architektur, einzig den Göttern gewidmet. Beineindruckend, gewaltig, erdrückend schön. Und auch, wie die Pyramiden am Anfang der Reise, irgendwie auch rätselhaft – oder anders formuliert: eine Kultur, die diese Sachen entstehen lässt, ist definitiv eine Hochkultur. Wann aber beginnt der Abstieg einer solchen Hochkultur und warum?
Alles, was sich entwickelt hat und entwickeln werden wird hier, ist untrennbar mit dem Nil verbunden. Ägypten hat zwar 1 Mio qkm Fläche, aber ca. 97 % davon sind Wüste. So leben nahezu alle der 112 Mio EW irgendwie entlang des Nils. Der Nil ist Lebensader des Landes, er versorgt die Regionen mit Wasser. Mit Sedimenten. Mit Fisch. Mit Leben. Regelmäßig tritt er über die Ufer und versorgt so die Schwemmgebiete mit neuen Nährstoffen. Bei Kairo beginnend fächert er ein gigantisches nährstoffreiches Delta von 20.000 qkm auf, was ungefähr der Größe von Hessen entspricht. Ca. 40 Mio Menschen leben hier vom Nil. Zum Vergleich: Hessen ca. 6 Mio EW – Nildelta ca. 40 Mio EW.
Aber – und das ist dann die Herausforderung am Fluss – es gibt Schwankungen, der Nil hat natürlich nicht immer den gleichen Pegel, nicht immer kann man sich darauf verlassen, dass er einen reichen Fang, eine reiche Ernte beschert.
Was das mit dem Untergang der Hochkultur zu tun hat? Ganz einfach: die Möglichkeit, dass genau so eine Versorgungskrise das Land vor so unüberwindbare Probleme gestellt hat, dass es letztlich zum Untergang führte, ist relativ groß. Vulkanausbrüche 44 und 46 v. Chr. können dafür gesorgt haben, dass die Temperaturen fielen, das Wetter sich veränderte, die Erde sich verdunkelte, eben auch der Nil als Lebensader ausfiel. Klassischer Knockout für ein System, das genau davon lebt.
Klassischer Knockout, wenn das System schon angeschlagen ist wie viele Interpretationen sagen. Der Pharaonenkult und das ausufernde Beamtensystem dürften das Reich an den Rand der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gebracht haben und so finden wohl beide Gründe zusammen zum Untergang.
Natürlich, es ist nicht die einzige Theorie. Aber ich halte diese für sehr plausibel, wäre ja nicht der einzige Vulkan, der gravierenden Einfluss auf das Leben genommen hätte. Über den Einfluss des Laki-Ausbruches auf das Weltklima habe ich ja mehrfach erzählt und auch auf den Nil hatte er Einfluss.
Luxor steht dann aber auch noch für den zweiten Obelisken, den Sultan Muhammad Ali dem König von Frankreich schenkte, wo er seit 1836 auf dem Place de la Concorde in Paris steht. Im Austausch erhält Muhammad Ali die Turmuhr für die Alabastermoschee in Kairo. Die ist ja weiter oben schon zu sehen.
Am ägyptischen Neujahrstag wurde hier das Opet-Fest begangen, anfangs 11 Tage lang, später 27 Tage.
Das Fest galt seit seiner Einführung unter Königin Hatschepsut im 15. Jahrhundert vor Christus als eines der wichtigsten Feste des alten Ägypten, bei dem unter anderem die jährliche Erneuerung und Bestätigung des Königs gefeiert wurde. Dabei fand auch eine Prozession vom Karnak- zum Luxor-Tempel statt zur Feier der jährlichen Nil-Überschwemmung, die das Land erneuerte und wieder fruchtbar machte. Auch Götterstatuen wurden dabei in Barken von einem Tempel zum anderen getragen. Quelle
Den Weg zum Karnak-Tempel nehme ich entlang der Sphinx-Allee, der alten Verbindung zwischen Luxor- und Karnak-Tempel. 3.400 Jahre alt, zwischendurch verschüttet, im November 2021 neu eröffnet. Einst wurde die heilige Straße Pfad Gottes genannt und beeindruckte mit mehr als 1.050 Sphinx- und Widderstatuen. Jahrhunderte unter dem Wüstensand begraben, werden sie nun ausgegraben, 309 Statuen sind es bisher.
Zum Karnak-Tempel gehen die Sphinxen- dann über in Widder-Reliefs. Ohnehin bestimmen den Karnak-Tempel an den Allee-Stellen die Widder.
Nach kurzer Irritation am Posten zwischen Luxor- und Karnak-Tempel bin ich dann am größten ägyptischen Tempel. Karnak ist – ganz klar – gewaltiger, größer, noch überwältigender. Beeindruckendster Ort der große Säulensaal mit ehemals 134 Papyrussäulen von bis zu 22,5 Metern Höhe. 103 x 53 Meter waren die Maße. Allein hier lassen sich Stunden verbringen.
Aber es gibt noch einige weitere Ecken hier, die schwer beeindrucken, der erste Hof oder die Statue Ramses II. mit seiner Tochter Meritamun. Die Anlage war extrem weitläufig und dementsprechend viele Überreste sind immer noch oder wieder nach Ausgrabungen zu bestaunen.
Den Zweck von Karnak kann man sich ungefähr so vorstellen:
In der altägyptischen Glaubenswelt besteht das Prinzip der kosmologischen Ordnung, dieses Prinzip wird als Maat bezeichnet. Da die Maat kein unveränderlicher Zustand ist und von den Menschen aus dem Gleichgewicht geworfen werden kann, ist es wichtig, diesen Zustand zu erhalten, um Chaos und Vernichtung von der Welt fernzuhalten. Ein ägyptischer Tempel stellt ein Modell der Welt dar. Eine der obersten Pflichten des Königs war es daher, das Gleichgewicht der Maat zu erhalten. Dieses geschah im heiligsten Bereich des Tempels. Im Tempel wurden heilige Kulthandlungen (Opferdarbietungen, Gebete und Gesänge) durch den König oder den ihn vertretenden Hohepriester durchgeführt. Quelle
Anschließend der Rückflug nach Kairo, kurzer Schlaf und dann geht der Rückflug gen Frankfurt.
Heute geht es noch früher raus als für den Inlandsflug, krass. Ein Teil des Schlafes hole ich im Flieger nach, immerhin.
Also mit Urlaub im klassischen Sinne hatte das mal gar nix zu tun😊. Richtige Erholung wird dann beim Betrachten der Bilder einsetzen, das richtige Erholungsfeeling konnte ja schon aufgrund des mehrfachen frühen Aufstehens kaum einsetzen. Dennoch Topurlaub, es hat sich gelohnt, hat Spaß gemacht, war spannend, interessant und lehrreich. Es ist eine aufregende Ecke, abgefahrene Hochkultur, die stellenweise sprachlos macht, genauso wie die Gegensätze zwischen Hochkultur und heute stellenweise sprachlos machen.
Hier noch ein Video von Drotschmann.