Irgendwie hat sich für Silvester in Deutschland nichts weiter ergeben. Die Überlegung, dann also komplett aus Deutschland zu entschwinden, liegt also nahe.
So rückt also Zypern in den Blickpunkt und recht schnell wird gebucht. 31.12. – 5.1. Larnaka, Mietwagen inklusive. Das lässt mich auf besten Sonnenschein hoffen. Am 31.12 frühmorgens geht‘s via Wien los, Ankunft nachmittags in Larnaka. Schnell den Mietwagen eingesammelt und ab zum Hotel. Hatte ich mir zumindest so vorgestellt. Leider hab ich nicht damit gerechnet, dass diverse Straßen wg. Silvester gesperrt sind und dass das Gewirr von kleinen Gassen, Nebenstraßen und Sträßchen in wilder Abfolge von Abbiegeverboten und plötzlich und unlogisch auftauchenden Einbahnstraßen das Vorhaben erheblich erschweren würden. Für mich als Ortsunkundiger schon nicht ganz so leicht, dass aber das Navi an dem Tag an seine Leistungsgrenze stoßen sollte, hat mich schon sehr überrascht. Egal, irgendwie hab ich‘s dann doch geschafft. Silvester dann gleich mal komplett verschlafen, der Zug zum Flieger ging schon morgens um vier und davor hatte ich noch dies und das gemacht, so dass ich glatt nicht zum Schlafen gekommen bin in der Vornacht. So hat der Urlaub auf Zypern quasi gleich mal im neuen Jahr angefangen und ausgeschlafen war ich auch gleich noch.
Larnaka ist für meine Zwecke eine sehr gute Wahl, denn das Städtchen hält nicht so viel Aufregendes bereit, so dass ich mich gewissermaßen in Klausur begeben kann, um mein selbstgewähltes Projekt „Architektur und Leidenschaft – Eintracht Braunschweig baut seine Zukunft“ voranzutreiben. Klar, tagsüber schaue ich mir die Insel an, aber insbesondere ab den späten Nachmittagsstunden, wenn ich das touristische Programm für mich als beendet erklärt habe, kann ich sinnieren, formulieren, recherchieren. Besonders inspirierend ist es tagsüber an zwei, drei Tagen bei bestem Wetter an einer der zahlreichen Küsten der Insel: Blick auf das Mittelmeer irgendwo an einem der vielen Küstenabschnitte Zyperns, dazwischen aufschlagende Wellen und wandernde Sonne. Die Gedanken haben freien Lauf und so entstehen nach und nach auch Texte. Das Projekt gedeiht und ich erhole mich gleichzeitig. Bestens.
Bestens also, um einfach mal zu schauen, was so geht. Agia Napa sicherlich nicht, der Ort erwacht nur in der Saison zum Leben und ob ich dann genau da sein will, wage ich zu bezweifeln. Aber im Winter ist halt auch nicht so prickelnd, weil hier natürlich gar nichts los ist, wie denn auch, wenn in den ganzen Hotels keiner ist. Also gleich weiter zum Kap Greko, was die beste Wahl ist. Die Küsten hier gefallen mir: abwechslungsreich, viel Wasser und zu dieser Jahreszeit kaum ein Mensch unterwegs. Ruhe und Natur also zwischen zerklüfteten Karstfelsen.
Landschaftlich etwas anders ist die Küste zwischen Larnaka und Limassol mit insbesondere den extrem blankgewaschenen Steinen am Governor’s Beach. Einen faszinierenden Tag bei Sonne und Wasser kann ich hier verbuchen ehe es weitergeht nach Limassol zum Derby zwischen AEL Limassol und Apollon Limassol.
Zunächst fällt auf, dass das Parken wunderbar pragmatisch gelöst wird, die letzten Autos stehen direkt in der Autobahnauffahrt, manche gar auf der Autobahn. Dass die Leute nicht auch noch über die Autobahn zum Stadion laufen, darf schon fast etwas verwundern.
Das Derby ist grandios, Apollon führt zur Halbzeit mit 2:0, ehe in der zweiten Halbzeit AEL sensationell zurückschlägt. 3:2 heißt es am Ende, das Spiel ist gedreht und dass der noch in der ersten Halbzeit übel von Apollon-Anhängern durchbeleidigte Djilli Vouho zwei Tore beisteuern kann, erfreut mich schon sehr. Andere Länder, andere Emotionen mag ja sein, aber dieses penetrante dumpfbackige rechte Volk von Apollon geht mir doch so dermaßen auf den Sack, dass ich zur Halbzeit – sehr zum Erstaunen und zur Irritation der Ordner – ganz dringend einen Blockwechsel brauch, auch wenn ich damit fortan der gleißenden Sonne ausgesetzt bin. Die Emotionen auf AEL-Seite sind es allerdings mehr als wert. Der Fußball auf dieser Insel hat definitiv einen weiteren Abstecher verdient, heißblütig und emotional geht’s hier zu, gefällt mir.
Einen Abstecher nach Nikosia und in die Berge hält der Urlaub noch bereit. Nikosia packt mich irgendwie nicht wirklich, die Altstadt ist zu wenig, um mich nachhaltig zu beeindrucken.
Spannender sind da die Bergdörfer, die die eine oder andere Überraschung bereithalten, welche bei näherem Hinsehen eigentlich gar nicht so überraschend ist. Wo bei uns Apfelbäume wachsen und gedeihen und vielerorts bestenfalls mit einem Achselzucken zur Kenntnis genommen werden, sind es hier vor allem Orangenbäume, die überraschen, aber eben nur deswegen überraschen, weil sie in den etwas nördlicheren Breitengraden in Deutschland weniger Überlebenschancen haben und somit auch kaum anzutreffen sind. Ein wenig exotisch mutet das schon an, einfach weil es ein doch etwas ungewohntes Bild ist. Also für mich jetzt. Gilt übrigens ja auch für die Zitronenbäume und erst recht für Grantapfelbäume. Und die hätte ich hier nun wirklich nicht mal ansatzweise vermutet.
Fazit: Mit vielen neuen Ideen und Texten geht’s zurück nach Deutschland, noch nicht wissend, welche Dramatik das nächste halbe Jahr bringen wird. Die Küsten wissen ausnahmslos zu gefallen, zumal sie eine beeindruckende Vielfalt bereithalten. Die Städte haben mich jetzt nicht so umgehauen, aber das muss ja nicht immer sein, insbesondere wenn die Landschaft stimmt. Aber vlt. gönne ich ja gerade Limassol und Nikosia noch einen zweiten Blick und komme dann zu völlig neuen Erkenntnissen. Und wenn nicht? So what?