NORDIRLAND – Oktober : 2017

Vor ziemlich genau zehn Jahren war ich das erste Mal in Belfast und dementsprechend sehr gespannt, was sich in der Stadt in dieser Zeit so getan hat. WM-Quali steht an.

Zu viert geht es nach Dublin. Lanki, Henning, Goldi und ich nehmen den Mietwagen in Empfang und weiter geht‘s nach Belfast in unser Appartement. Goldi ersetzt spontan Basti, schade, dass Basti nicht dabei sein kann. Wie wir an Karten für das Qualispiel gekommen sind, ist uns zwar immer noch nicht so klar, aber wir haben welche. Andere hatten da weniger Glück, kein Wunder bei dem Windsor-Park, der als 20.000er-Stadion ein doch eher kleines Länderspielstadion ist.

Das Appartement ist schnell gefunden, ein TESCO ist um die Ecke. Überhaupt ist alles um die Ecke, sehr zentral ist das Central Belfast Appartment. Und gut ist es auch, genau die richtige Wahl für uns vier.

Keine zehn Minuten entfernt ist der Crown Liquor Saloon, einer der ältesten Pubs im Königreich mit viel altem Mobiliar, langer Theke und vor allem mit diesen abgefahrenen Säuferkojen, wie sie Heinrich Böll mal genannt hat. Es sind kleine Séparées, Tür zu und man ist ein bissel abgesondert. Wir haben unseren Spaß.

Während Goldi am nächsten Tag beim Fan-Länderspiel mitwirkt, sind Lanki, Henning und ich in der Stadt unterwegs. Erste Aufmerksamkeit kommt dabei der City Hall zu, es ist so etwas wie der Stolz der Stadt, mit spannender Architektur, spannenden Fenstern, spannender Dokumentation der Stadtgeschichte.

Später dann die Murals. Haben sie an der Falls Road noch teilweise dokumentierende Funktion, sind sie an der Shankill Road deutlich politischeren Zuschnitts. Sie stehen für die 30  Jahre währenden Troubles, deren Ursachen wie ein Riss durch die Gesellschaft gingen und gehen, welche die Gesellschaft nach wie vor spalten. Nur dass die eigentlichen Troubles, die über 3.000 Leute das Leben gekostet hat, mittlerweile vorbei sind und man eine politische Lösung gefunden hat. Die Spannungen indes sind nicht vorbei, pünktlich zu den Ostermärschen, wenn Protestanten provozierend durch das katholische Viertel ziehen, flammt es immer mal wieder auf.

Vielleicht ist es ja ganz gut, dass durch einen großen Teil der Stadt eine drei Meter hohe Mauer geht. Vielleicht wäre die unmittelbare Nachbarschaft ja zu viel für die Leute dort. Krass ist das Teil aber allemal. Und auch befremdlich.

Am 5.10. dann das letzte Spiel der aktuellen Qualirunde für die WM 2018. Deutschland gewinnt souverän, Nordirland behauptet dennoch den 2. Platz, scheitert dann aber später in der Relegation an der Schweiz. Die Gastfreundschaft der Nordiren ist überragend. Gerade in den Katakomben haben wir unseren Spaß.

Am nächsten Tag wollen wir uns und unseren Mietwagen bewegen. Nicht weit von Belfast sind Giant’s Causeway, Carrick-A-Rede Rope Bridge und Dunluce Castle. Zuerst aber sind wir im kleinen Städtchen Bushmills. Ohne eingehende Destillerie-Besichtigung geht‘s weiter.

Der Giant’s Causeway ist einfach cool, aber wiederholt frage ich mich, was dieses riesige Besuchercenter soll. Es kommt mit vielen Hintergrundinformationen, eigentlich sollen aber hier die Besucher möglichst viel konsumieren. Sei’s drum, die Steine da in ihrer klaren Form sind einfach stark. Schwer zu glauben, dass das die Natur geformt hat. Und doch isses so.

Weiter zum Dunluce Castle. Nette Ruine, von der Teile vor paar Jahrhunderten in den Atlantik gefallen sind und die daraufhin aufgegeben wurde.

Zum Abschluss die Carrick-A-Rede Rope Bridge. Auch drei Jahre nach meinem ersten Besuch ein krass abgefahrenes Teil. Letztlich zählt ja auch der lange Weg an der Atlantik-Steilküste dazu mit besten Panoramablicken und ordentlich Wind. Die Krönung indes ist die Brücke, eine freitragende, ca. 30 lange Brücke von der Küste zur vorgelagerten Insel. Fängt krass an zu schwingen, spätestens, wenn man in der Mitte ist. Darunter der freie Blick auf den Atlantik unter einem, definitiv nichts für schwache Nerven. Und doch absolut lohnend.

Am nächsten Tag widmen wir uns dem Titanik-Museum. Je nach Blickrichtung steht Belfast z.B. für die Troubles oder z.B. für George Best. Alles überragend ist indes die Titanik. Wenngleich die ja nur hier gebaut wurde. Für den Untergang ist die legendäre Harland&Wolff-Werft ja nicht verantwortlich. Dem Mythos wird überzeugend Rechnung getragen, das Museum ist äußerst gelungen. Nicht nur die Geschichte der Titanic wird ausführlich erzählt. Auch die Geschichte der Hafen- und Werftstadt Belfast wird sehr erlebbar. Früher dürfte der Lärm auf den Docks den Rhythmus der Stadt noch viel intensiver bestimmt haben, früher dürfte der Lärm weithin hörbar gewesen sein. Die „Titanic Belfast“ ist ein Muss.

Und während anschließend Goldi und Henning nach Drogheda fahren, laufen Lanki und ich durch die Stadt nach Cliftonville. Das Solitude ist traumhaft gelegen mitten in einem Wohnviertel. Cliftonville FC gewinnt gegen Warrenpoint Town 2:0. Die Frage nach einem Ticket macht die Verantwortlichen erfinderisch. Vom Spiel selber gibt es keine Tickets, dafür aber zaubert der Fanshop sieben Jahre alte Karten von einem Spiel gegen Bolton Wanderers hervor. Nicht original, aber originell.

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